Vom Jausenbrett zur iPad-Hülle

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Das Unternehmen Woodero ist ein Beispiel dafür, wie man als Gründer mit dem Finanzierungstool Crowdinvesting die schwierige Startphase überbrückt. Denn in Österreich ist Risikokapital immer noch Mangelware.

Wien. Eine Computerhülle aus Holz soll die Welt erobern. Und das mithilfe einer Masse von Kleinanlegern, die an das Produkt glauben und sich mit Summen zwischen 100 und 5000 Euro an der Firma beteiligen. Klingt ungewöhnlich? Ist es auch. Jedenfalls in Österreich.

Crowdinvesting, das Prinzip, das dieser Idee zugrunde liegt, ist hierzulande noch relativ neu. Es ist so etwas wie der große Bruder des Crowdfundings, beide Konzepte basieren auf einer Masse von Investoren – der Crowd –, die verhältnismäßig kleine Summen in unternehmerische Projekte investieren.

Während das Crowdfunding im Wesentlichen Spenden einsammelt, die von den Unternehmern mit Geschenken, etwa in Form des finanzierten Produktes selbst, abgegolten werden, beteiligt man sich beim Crowdinvesting tatsächlich am Unternehmen. Als stiller Teilhaber, in Form von Genussrechten oder über partialische Darlehen erhält man eine Rendite, üblicherweise zwischen vier und acht Prozent, sobald das Unternehmen Gewinn abwirft.

Hohe Rendite, hohes Risiko

Das ist, wenn alles gut geht, nach drei bis vier Jahren der Fall. Wird das Unternehmen verkauft, erhält man einen Teil der Verkaufssumme, der beträchtlich über der Rendite liegen kann. Dafür nehmen die Kleinanleger aber auch bei einem Scheitern des Unternehmens den Totalverlust des eingesetzten Kapitals in Kauf.

Das Verbindungsglied zwischen Kleininvestoren und Unternehmen, die Geld brauchen, sind Crowdinvestingplattformen. In Österreich gibt es drei: Die erste Plattform, die sich mit der Gründung im März 2012 auf damals noch rechtlich unsicheres Terrain gewagt hat, war 1000x1000. „Zehn Monate hat es gedauert, um mit der Finanzmarktaufsicht zu klären, ob unser Modell, das auf Genussscheinen basiert, rechtlich in Ordnung ist“, sagt Geschäftsführer Rainer Willfort.

Mit dem Okay der FMA habe man den Weg für die Nachfolgeplattformen geebnet, die sich im Jahr darauf formierten: Seit März 2013 gibt es Conda und vor vier Wochen ist Green Rocket gestartet, das den Fokus auf nachhaltige Unternehmen legt.

„Wenn man sieht, dass den Leuten das Geld auf der Bank durch die Finger fließt, bin ich davon überzeugt, dass Crowdinvesting ein Teil der zukünftigen Unternehmensfinanzierung wird“, zeigt sich Conda-Chef Daniel Horak optimistisch. Dennoch sei in Österreich noch viel Aufklärungsarbeit nötig, denn Crowdinvesting habe nach wie vor den Geruch des Unseriösen, findet 1000x1000-Gründer Willfort: „Wenn 100 Personen in Summe das gleiche Geld in die Hand nehmen wie ein Investor, müsste das doch gleichwertig sein. In der Wahrnehmung vieler ist das aber nicht so.“

Crowdinvesting ist legal, sofern die Gesamtsumme des eingesammelten Kapitals eine gewisse Grenze nicht überschreitet. Diese wurde im Juli – die Aufregung rund um „Kreditrebellen“ Heini Staudinger war daran nicht ganz unbeteiligt – von 100.000 auf 250.000 Euro angehoben. Ab dieser Summe ist die Herausgabe eines Kapitalmarktprospektes verpflichtend und die Sache wird kompliziert und teuer.

Ausgereizt wurde die Maximalsumme von den Unternehmen, die über eine österreichische Plattform eine Finanzierungskampagne gestartet haben, bisher allerdings noch nicht. Überhaupt hat es erst eine Handvoll geschafft, die selbst gesetzten Finanzierungsziele auch zu erreichen und damit eine erfolgreiche Finanzierung aufzustellen.

Unter Zielsumme gibt's nichts

Wer unter der Zielsumme bleibt, bekommt nämlich gar nichts. Diese Regel verhindert, dass sich Investoren bei Projekten engagieren, die wenig Aussicht auf Erfolg haben. Denn das Interesse der Crowd kann durchaus ein verlässlicher Indikator dafür sein, dass das Produkt auf dem Markt gute Chancen hat.

Geschafft hat es zum Beispiel Woodero, die hölzerne Hülle für Tablets. Das Finanzierungsziel hat man auf 1000x1000 mit 20.000 Euro relativ bescheiden gesteckt. Mit über 60.000 eingesammelten Euro hat man es allerdings schon bei Weitem gesprengt, jetzt peilt man an, als erstes Crowdinvesting-Unternehmen in Österreich die 100.000-Euro-Schwelle zu knacken.

„Unser Produkt eignet sich für Crowdfunding sehr gut, weil es quasi selbsterklärend ist“, sagt Alexander Krauser, Managing Director von Woodero. Mit einem kurzen Video hat man auf 1000x1000 die verschiedenen Funktionen der iPad-Hülle demonstriert. Der Clou sei der Überraschungseffekt. „Was auf den ersten Blick wie ein Jausenbrett aussieht, verwandelt sich in wenigen Handgriffen in ein smartes Tablet Case mit verschiedenen Standfunktionen. Mit dem Produkt sind wir im Holzbereich weltweit die ersten auf dem Markt“, freut sich Krauser. Dementsprechend hat man sich auch vorgenommen, Woodero international groß herauszubringen.

Die Idee für Woodero hatte der Werbefachmann Florian Schupp. Entwickelt haben das Case Andreas Brandner und Christian Gerer, zwei Techniker mit besonderer Beziehung zum Holz. Beide sind ausgebildete Tischler, die auf dem zweiten Bildungsweg Holzwirtschaft und Holztechnologie studiert haben. Die Assoziation zum Jausenbrett kommt nicht von ungefähr, hat das innovative Gespann doch erste Berufserfahrungen bei myjaussnbrettl.at gesammelt, bevor es sich selbstständig gemacht haben.

Die Idee, einen Teil des Projektes mit Crowdinvesting zu finanzieren, wurde nicht aus reiner Geldnot geboren: „Das Kapital hätten wir auch über Großinvestoren bekommen. Wenn man nur Geld haben will, ist Crowdinvesting der falsche Zugang“, sagt Krauser. Mit jedem Geldgeber aus der Crowd bekomme man aber einen Werbebotschafter für das Produkt, und das sei ein entscheidender Startvorteil. Denn hinter jedem noch so kleinen Investment stecke jemand, der vom Produkt überzeugt sei und auch Interesse daran habe, es bekannt zu machen. Das aus dem Crowdfunding bekannte Geschenkprinzip hat das Woodero-Team für seine Kampagne übernommen. Wer 500 Euro investiert, bekommt das Tablet Case dazu. Dabei ist man schon ab 100 Euro.

Kapital sucht Unternehmer

Obwohl es für Woodero ganz danach ausschaut, als würde die Lancierung ihres Produktes erfolgreich verlaufen – seit dem Kampagnenstart Mitte Oktober wurden im eigenen Webshop bereits 400 Stück verkauft – sieht Krauser die generelle Finanzierungssituation für Start-ups in Österreich nicht so rosig: „Es gibt in Österreich Unternehmer mit super Ideen. Trotzdem werden es viele nicht schaffen, weil es einfach an Risikokapital fehlt.“

Dabei sei das Kapital vorhanden, nur fehle die Brücke zwischen Kapitalgebern und Gründern. Crowdinvesting sei eine Möglichkeit, diese Lücke zu schließen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.11.2013)

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