Interview

Abu, der Elefant aus Wien, ist wieder gut eingegliedert

Der Elefantenbulle Abu (*2001 in Schönbrunn) siedelte nach dem Unfall, bei dem 2005 ein Pfleger getötet wurde, nach Deutschland und kam heuer zurück nach Wien.
Der Elefantenbulle Abu (*2001 in Schönbrunn) siedelte nach dem Unfall, bei dem 2005 ein Pfleger getötet wurde, nach Deutschland und kam heuer zurück nach Wien.APA/Zoo Halle
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Angela Stöger hat in Schönbrunn den Elefanten Abu seit seiner Geburt beforscht und spielt in Südafrika freilebenden Tieren Elefantenlaute vor. Im neuen Buch beschreibt die Verhaltensforscherin gefährliche Situationen und schöne Erlebnisse.

Die Presse: Sie kennen den Elefanten Abu gut, der in Schönbrunn 2005 einen Pfleger getötet hat. Jetzt ist er aus Halle an der Saale zurück nach Wien gekommen. Gab es Sorgen im Team der Pfleger und Mitarbeitenden?

Angela Stöger: Nein, erstens gibt niemand dem Elefanten die Schuld. Zweitens sind fast keine Tierpfleger aus dem ursprünglichen Team heute noch da. Ich habe schon ein paar Mal bei Abu vorbeigeschaut. Denn er war der erste Elefant, den ich von Geburt an begleitet habe mit meiner Forschung. Ich war jetzt aber nicht nahe dort. Ich glaube, er würde mich vielleicht erkennen, wenn ich ihm ein Mikrofon vor die Nase halte.

Ihr voriges Buch über die Sprache im Tierreich wurde 2022 zum Wissenschaftsbuch des Jahres gewählt: Wie kam es so schnell zu dem neuen Buch über die Elefantenforschung?

Es war von Anfang an geplant, dass wir zwei Bücher machen. Das Elefantenbuch ist meine Herzensangelegenheit. Ich habe vor über 20 Jahren die Diplomarbeit mit den Schönbrunner Elefanten begonnen und für meine Dissertation zur akustischen Kommunikation auch in Afrika und Asien geforscht.

Das Buch steckt voller Details von damals bis heute: Haben Sie Tagebücher genutzt, um das so lebendig wiederzugeben?

Ich führe kein Tagebuch. Aber wenn so ein großer Elefantenbulle vor einem steht, das prägt! Ich weiß auch nach 20 Jahren vieles, als ob es gestern gewesen wäre.

Die Elefantenforschung begleitet Sie länger als ihre eigenen Kinder: Haben die Interesse für Biologie oder sind sie von den Elefanten schon genervt?

Genervt sind sie gar nicht. (lacht) Aber es will keiner Biologe werden, obwohl die Begeisterung da ist. Als das FWF-Projekt über die Geparden genehmigt wurde, rief mein Sohn gleich: „Wo fahren wir hin?“

Worum geht es in dem Projekt?

Geparden machen hochfrequente Laute, die wie Vogelgezwitscher klingen. Ich habe diese Kommunikation schon im Zoo Schönbrunn 2003 aufgenommen, und bisher weiß keiner, welche Funktion die Zwitscherlaute bei den Geparden haben. Vielleicht ist es eine akustische Tarnung?

Kommt durch das Projekt wieder mehr Forschung in Ihren Alltag? Sonst sind Sie ja als Leiterin der Tierhaltung im Biologiezentrum der Uni Wien beschäftigt.

Ich kann beides gut vereinen. In der Tierhaltung habe ich eine Halbtagsstelle. Aber die Tiere werden eh immer krank, wenn Freitagnachmittag ist oder so. (lacht) Was nicht mehr geht, ist, drei Monate wegzufahren für die Forschung. Ich fahre also mit den Studierenden zwei, drei Wochen nach Asien oder Afrika und schule sie dort ein.

Geht Ihnen das ab, monatelang im Freiland zu sein?

Nein, ich bin froh, nicht mehr die aufwendige Datenaufnahme zu machen: über Wochen den Tieren nachzufahren und auf gute Tonaufnahmen zu hoffen. Man muss sich so viel ärgern, wenn Störgeräusche drauf sind oder ein Auto im falschen Moment vorbeifährt.

Wie sieht ein Tag im Freiland aus im Vergleich zu im Zoo?

In Afrika müssen wir zuerst ins Auto steigen und die Tiere suchen. Das dauert sicherlich länger, als wenn man im Zoo genau weiß, zu welcher Uhrzeit man die besten Aufnahmen bekommt. Außerdem können wir im Tiergarten die Hormonproben leichter zuordnen. Im Freiland ist es anstrengend, wenn man eine Kotprobe mit einem bestimmten Event verbinden will. Man muss die Latenzzeit von 24 bis 36 Stunden abwarten und hoffen, dass das Tier genau dort einen Haufen macht, wo wir gut hinkommen. Am liebsten ist uns: in Straßennähe. Denn in den Naturparks leben auch Löwen oder Hyänen, dann wird’s für uns gefährlich.

Gianmaria Gava

»Im Freiland oft anstrengend: eine Kotprobe mit einem bestimmten Event zu verbinden.«

Angela Stöger,

Biologin, Uni Wien

Gibt es auch Fragen, die nur im Freiland, nicht aber im Zoo zu lösen sind?

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