Junge Forschung

Algorithmen und Pullover stricken

Johanna Rock erledigte die Datenaufnahme teils auf dem Tandem. Ihre Messergebnisse speisen Berechnungen für Fahrassistenzsysteme.
Johanna Rock erledigte die Datenaufnahme teils auf dem Tandem. Ihre Messergebnisse speisen Berechnungen für Fahrassistenzsysteme.Lunghammer
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Die Informatikerin Johanna Rock erforscht, wie autonomes Autofahren sicherer wird. Dabei ist die Weltenbummlerin privat lieber zu Fuß oder per Fahrrad unterwegs.

Autos der nächsten Generation werden noch ausgeklügeltere Assistenzsysteme haben, und bis zum autonomen Fahren ist es nicht mehr weit. Davon ist Johanna Rock überzeugt. Die 32-Jährige hat ihr PhD-Studium der TU Graz in Informatik abgeschlossen und wurde für ihre Dissertation vor Kurzem mit dem Förderpreis des Forums Technik und Gesellschaft ausgezeichnet.

Sie befasste sich mit der Frage, wie man Einparkhilfe, Spurhalteassistent und Ähnliches noch sicherer machen kann. Dabei setzt die IT-Expertin auf maschinelles Lernen und neuronale Netze. „Autos verwenden oft Radarsensoren, um die Umgebung zu erkennen“, erklärt sie. „Doch wenn mehrere solche Radarsysteme gleichzeitig in unmittelbarer Nähe zueinander aktiv sind, kann es zu Interferenzen kommen.“ Das bedeutet: Die Signale der einzelnen Systeme stören einander, und es kann passieren, dass eines die Umgebung falsch interpretiert. Dann reagiert das Fahrzeug möglicherweise unangemessen. „Und das ist natürlich ein Sicherheitsrisiko“, sagt Rock.

Fleißig den Computer füttern

Freilich gibt es schon mathematische Modelle, mit denen man solche Interferenzen auszugleichen versucht. „In meiner Forschung habe ich gezeigt, dass Methoden des Maschinenlernens auf Grundlage neuronaler Netze viel bessere Ergebnisse erzielen und daher großes Potenzial haben, die Sicherheit radar-basierter Assistenzsysteme zu erhöhen.“

»Sind mehrere Radarsensoren von Autos gleichzeitig aktiv, kann es zu Interferenzen kommen.«

Johanna Rock

Informatikerin

Damit ein System lernt, trotz möglicher Störungen richtig zu reagieren, hat Rock den Computer zunächst mit Simulationsdaten und dann mit Daten von realen Verkehrssituationen in Graz gefüttert. Beim Sammeln der Daten, als sie quer durch die steirische Hauptstadt unterwegs war, saß sie selbst allerdings nicht in einem Pkw. „In meiner Freizeit bin ich sehr gern mit dem Rad unterwegs, mit dem Rennrad genauso wie mit dem Mountainbike. Also waren wir für die Aufnahmen zu zweit auf einem Tandemlastenrad unterwegs. Einer hat gelenkt, der andere hat vom Laptop aus die Messvorrichtung bedient.“ Umfangreiche Algorithmen und künstliche Intelligenz, wie sie beim maschinellen Lernen zum Einsatz kommen, benötigen jedoch viel Rechenpower, sprich enorme Energieressourcen. Rock befasst sich in ihrer Forschung damit, solche Anwendungen ressourceneffizient zu machen und sie so zu optimieren, dass sie bei gleichbleibend hoher Qualität einen möglichst geringen Speicherplatz- und Energieverbrauch aufweisen.

Reise in die USA und Kanada

Das ist auch ihre Aufgabe im Job, den sie nach Abschluss ihrer Universitätsausbildung bei einem auf Hardware-Lösungen im Bereich Maschinenlernen spezialisierten US-Unternehmen angenommen hat – als einzige Österreicherin in einem Mitarbeiterstab aus aller Welt. Sie arbeitet von zu Hause aus, hatte aber im Frühjahr die Gelegenheit, einige ihrer Kolleginnen und Kollegen in Boston und Toronto persönlich kennenzulernen und im Anschluss bei einem Roadtrip die amerikanische Ostküste zu erkunden.

Unterrichten in Kambodscha

„Ich bin überhaupt gern unterwegs“, outet sich die 32-Jährige als Globetrotterin. Der Weg vom Elternhaus in Seiersberg an die Oberstufenschule in Kaindorf war noch nicht so weit. Im dortigen Unterricht, sagt sie, habe sie jedenfalls die Faszination für die digitale Welt entdeckt, „doch ich wollte mehr als nur Programmieren“. Nach der Matura ging es richtig in die Ferne: Da verbrachte die damals 19-Jährige mehrere Monate in Kambodscha, wo sie Kinder und Jugendliche in Englisch und Informationstechnologie unterrichtete. „Mehr als ein Vorzeigen, was man auf einem Laptop so machen kann, war das aber nicht“, meint sie bescheiden. Anschließend war sie in Laos und Vietnam unterwegs, später für ein Auslandssemester in Südamerika und für ein Praktikum in Großbritannien. „Ich habe mir die Zeit genommen, um neue Erfahrungen zu machen.“

Und wenn Johanna Rock nicht gerade Algorithmen strickt, dann ist sie gern mit Handarbeit kreativ: „Ich habe einige meiner Kleidungsstücke selbst entworfen und gefertigt.“ Passt zum Namen, möchte man sagen. Und ist auf jeden Fall ressourceneffizient.

Zur Person

Johanna Rock (32) hat an der TU Graz Informatik mit Schwerpunkt IT-Sicherheit und Maschinelles Lernen studiert. Ihre Dissertation über ressourceneffizienten Einsatz von maschinellem Lernen auf Basis von neuronalen Netzen zur Verbesserung von Fahrassistenzsystemen erhielt eine Auszeichnung des Forums Technik und Gesellschaft.

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