Arbeitsrecht: Weihnachtsfeier ist keine exklusive Party

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Unternehmen schauen aufs Geld, auch dort, wo es Mitarbeiter als besonders kleinlich wahrnehmen: bei der Weihnachtsfeier. Abgesehen von atmosphärischen Verstimmungen kann die Sparwut auch rechtliche Folgen haben.

Wien. „Ich habe einen Klienten, der fordert die Mitarbeiter bei der Weihnachtsfeier ausdrücklich auf, es sich an diesem Abend richtig gut gehen lassen, und schaut überhaupt nicht auf das Geld“, sagt Stephan Nitzl, Arbeitsrechtsexperte bei DLA Piper Weiss-Tessbach. Da der Dezember in diesem Unternehmen ein traditionell harter Monat für die Belegschaft ist, belohnt der Chef mit allem, was gut und teuer ist, Champagner, Grappa und Long Island Iced Tea inklusive.

Dieses Generosität ist die Ausnahme. Gerade in den vergangenen, wirtschaftlich schwierigen Jahren haben viele Unternehmen Weihnachtsfeiern überhaupt gleich ganz abgesagt oder sie waren zumindest bemüht, das gesellige Beisammensein in kleinerem, weniger aufwendigen Rahmen stattfinden zu lassen. Klar, die Rechnung schrumpft, je weniger Leute trinken und essen. Beim Zusammenstreichen der Gästeliste ist es aber gut zu wissen, wo die Sparwut schon aus rechtlicher Sicht ihre Grenzen haben sollte.

Gerade in kleineren Betrieben ist es durchaus üblich, auch Ehepartner und Lebensgefährten zum weihnachtlichen Zusammensein einzuladen. Sie von einem Jahr auf das andere nicht mehr willkommen zu heißen, mag die eine oder den anderen verstimmen, rechtlich ist diese Entscheidung aber völlig unbedenklich.

Wer steht auf der Gästeliste?

Nicht klug ist es hingegen, den Rotstift bei geringfügig Beschäftigten anzusetzen. „Der Arbeitgeber hat nämlich alle Dienstnehmer gleich zu behandeln. Wenn er Teilzeitmitarbeiter – und das sind geringfügig Beschäftigte– einfach nicht mehr einlädt, diskriminiert er sie“, sagt Nitzl. Anders ist die Situation, wenn die freien Mitarbeiter einer Firma an diesem Abend unerwünscht sind. „Sofern es sich bei den freien Mitarbeitern tatsächlich um solche handelt, ist dieses Vorgehen rechtlich nicht angreifbar“, sagt der Anwalt und Arbeitsrechtsexperte Gerald Burgstaller. Kennzeichnend für einen freien Mitarbeiter ist, dass er ausschließlich auf Werkvertragsbasis tätig wird. Es besteht also kein Dienstverhältnis zum Unternehmen.

Und bei karenzierten Mitarbeitern ruht es, solange sie von der Arbeitsleistung freigestellt sind. Dennoch scheut Burgstaller davor zurück, sie beim Mitfeiern genau so zu behandeln. „Man könnte sich die Frage stellen, ob es sich nicht um eine unzulässige Schlechterstellung handelt, wenn die in Karenz befindlichen Mitarbeiter nicht eingeladen werden.“ Sein Kollege Nitzl hat da weniger Bedenken. „Da das Dienstverhältnis ruht, besteht auch keine Pflicht, eine Einladung auszusprechen“, sagt er. Das Unternehmen könne sich sogar dafür entscheiden, nur jene einzuladen, die beispielsweise in den nächsten sechs oder vier Monaten aus ihrer Karenz an den Arbeitsplatz zurückkehren, um sie rechtzeitig wieder einzubinden. Dass der Abteilungsleiter allerdings nur jene jungen Mütter und Väter begrüßen will, mit denen er halt bei diesem Anlass gern einmal wieder plaudern würde, andere jedoch nicht, das geht freilich nicht. „Denn maßgeblich ist, dass die Selektion sachlich nachvollziehbar ist und keiner Willkür unterliegt“, so Nitzl.

Auch steuerlich kann eine exklusive Party zu Problemen führen. Bei einer Betriebsfeier steht dem Arbeitgeber nämlich ein Freibetrag von 365 Euro pro anno zur Verfügung. „Für jeden Mitarbeiter können also Kosten in dieser Höhe für die Ausrichtung der Feier anfallen, ohne eine Steuerpflicht auszulösen“, sagt Stefanie Schneider. Sie ist bei Deloitte Tax Assistant der Abteilung Business Process Services. „Voraussetzung ist allerdings, dass die Feier auch wirklich allen Mitarbeitern, oder allen Mitarbeitern einer Abteilung, offensteht.“ Und das muss auch dokumentiert sein: Seit einiger Zeit verlangt die Finanzverwaltung Teilnehmerlisten, um auch wirklich überprüfen zu können, dass es sich bei den Gästen nicht nur um einen Kreis von Auserwählten handelt.

Wie aber ist es zu beurteilen, wenn ein Vorgesetzter einzelne oder auch nur einen Mitarbeiter dazu verdonnert, einen langen Bericht fertig zu schreiben, anstatt mit den Kollegen gemütlich Glühwein und Punsch zu trinken? „Das mag zwar für den Betroffenen bitter sein, aber selbstverständlich kann der Chef eine derartige Weisung erteilen. Genau so, wie er auch an einem anderen Tag Überstunden anordnen kann. Es ist immer noch wichtiger, dass etwa eine Frist eingehalten wird, als sich bei der Weihnachtsfeier zu amüsieren“, sagt Nitzl. Problematisch wird es dann, wenn alle Jahre wieder derselbe Kollege für dringliche Arbeiten zum Handkuss kommt oder aber gar keine Notwendigkeit dafür besteht, einen Report gerade am Abend der Feierlichkeiten fertigzustellen. „Die Grenze ist erreicht, wenn die Anordnung ins Schikanöse geht, was man aber nur im Einzelfall beurteilen kann“, so Nitzl.

Schenken, ohne zu feiern?

Viele Unternehmen spielen bei Weihnachtsfeiern Christkind und „überraschen“ etwa mit Gutscheinen, DVDs oder Kosmetika. Der Fiskus bezeichnet solche Zuwendungen als Sachgeschenke, denn sie können nicht in Geld umgetauscht werden. Die Großzügigkeit ist fast immer – selbst bei spendablen Arbeitgebern – mit einem Betrag von 186 Euro pro Person gedeckelt. So lange bleibt die Freigiebigkeit für Unternehmen nämlich steuerfrei. Nicht unter diese Steuerbegünstigung fallen Zuwendungen, die ein Mitarbeiter als Anerkennung für besonders gute Arbeitsleistung erhält. „Dabei handelt es sich um Vorteile aus dem Dienstverhältnis, und die sind voll steuerpflichtig“, sagt Schneider. Übrigens: Eine stimmungsvolle Weihnachtsfeier ist gar nicht notwendig, um steuerbegünstigt zu schenken. „Eine Veranstaltung, die rein dem Zweck der Geschenkübergabe dient, wird auch als Betriebsveranstaltung akzeptiert.“

Ist ein Unternehmer nicht sicher, ob er auch nächstes Jahr wieder Weihnachtsmann spielen will, sollte er etwa per Mail ausdrücklich darauf aufmerksam machen, dass es sich bei den Päckchen am Tisch oder den Sackerln beim Ausgang um freiwillige Zuwendungen handelt, mit der in Zukunft nicht gerechnet werden kann. „Wenn Sie das als Arbeitgeber nicht tun, müssen Sie sich unter Umständen schon nach zwei Jahren den Vorwurf gefallen lassen, dass es sich bei dem netten Brauch bereits um eine betriebliche Übung handelt und die Mitarbeiter daher auch künftig einen Anspruch auf ein Präsent haben.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.12.2013)

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