Gutachter im Swap-Prozess: Stadt Linz mit Deal überfordert

Linzer Ex-Finanzstadtrat Johann Mayr (SPÖ) und der ehemalige Finanzdirektor Werner Penn
Linzer Ex-Finanzstadtrat Johann Mayr (SPÖ) und der ehemalige Finanzdirektor Werner PennAPA/RUBRA
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Die organisatorische Anforderungen waren nicht im Ansatz gegeben. Der Experte sieht hinter dem Swap ein hochspekulatives Geschäft.

Im Untreue-Prozess gegen den Linzer Ex-Finanzstadtrat Johann Mayr (SPÖ) und den ehemaligen Finanzdirektor Werner Penn ist am Montag das verlustreiche Geschäft mit der Bawag P.S.K., das die beiden auf die Anklagebank gebracht hat, unter die Lupe genommen worden. Nach Ansicht von Gutachter Christian Imo war es für die Stadt nicht beherrschbar. Ein Urteil dürfte bereits am Mittwoch gefällt werden.

Das Geschäft sei "in hohem Maß intransparent und hochspekulativ", so Imos Einschätzung. Es sei äußerlich ein Zinstauschgeschäft, aber inhaltlich verberge sich dahinter eine Devisenoptionsstruktur mit 21 exotischen Optionen. "Ein Geschäft mit einem derartigen Zerstörungspotenzial hat im Schuldenportfolio der öffentlichen Hand nichts verloren", das könne man nur mit einem professionellen Risikomanagement machen.

Kaufpreis "Abweichung von fairem Preis"

"Die organisatorischen Anforderungen bei der Stadt waren nicht im Ansatz gegeben", ist Imo überzeugt. Penn sei "eine Ein-Mann-Show" gewesen und habe "von Derivat-Produkten keine Ahnung". Durch den Gemeinderatsbeschluss, der die Finanzverwaltung mit der Optimierung der Fremdfinanzierungsportfolios betraute, sei das Geschäft nach Ansicht des Experten nicht gedeckt gewesen.

Der Swap sei von der Stadt mit einem Negativwert von 20 bis 21 Mio. Euro gekauft worden. Für den Gutachter ist das "eine wesentliche Abweichung von einem fairen Preis". Das Geschäft habe nicht der Risiko-Optimierung gedient, eher im Gegenteil. Die Stadt Linz habe nur begrenzte Gewinne lukrieren können, das Risiko sei theoretisch unbegrenzt gewesen, erklärte Imo. Bei der Bawag verhalte es sich umgekehrt.

Penn hätte nach Einschätzung Imos Ende 2009 oder Anfang 2010 damit rechnen müssen, dass es sich für die Stadt negativ entwickelt. Für Mayr sei aus den Berichten, die er erhielt, wohl kaum etwas über das Geschäft ersichtlich gewesen. Die Restrukturierungsangebote der Bawag, die Penn nicht annahm, hätten die Zahlungen von letztlich 24 Mio. Euro um - je nach Variante - 6,3 bis 17,1 Mio. Euro reduziert, rechnete der Sachverständige vor.

Die Einvernahme der übrigen für Montag geladenen Zeugen gestaltete sich kurz: Zwei Mitarbeiter der Stadt Linz konnten von keinerlei Wahrnehmungen berichten, dass jemals über ein Swap-Geschäft gesprochen worden wäre. Sie unterstrichen den bisherigen Tenor, dass Penn ein eher verschlossener, schweigsamer Typ sei. Ex-Bawag-Vorständin Regina Prehofer ließ ausrichten, dass sie sich wegen des laufenden Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft Linz der Aussage entschlagen werde, worauf auf ihr Erscheinen verzichtet wurde.

Am Mittwoch muss das Gericht noch über einige Beweisanträge des Privatbeteiligten-Vertreters entscheiden. Wenn diese nicht zu einer weiteren Verzögerung führen, sollte bereits an diesem Tag das Urteil gesprochen werden. Es stehen aber noch zwei Reservetermine kommende Woche zur Verfügung.

(APA)

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