Handel: "Einer ist immer billiger"

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Für Wolfgang Krogmann von der irischen Modehandelskette Primark ist das ganze Jahr über Schlussverkauf. Der Diskonter will schon bald in österreichische Innenstädte expandieren.

Die Presse: Sie haben eben eine Filiale in Düsseldorf eröffnet. Nun eine in der SCS. Ticken die Deutschen anders in Sachen Mode?

Wolfgang Krogmann: 90 bis 95 Prozent der modischen Ausrichtung sind vom Grundsatz zwischen Österreich und Deutschland gleich. Der Unterschied besteht in saisonalen Anpassungen. Hier wird es früher kälter und die Temperaturen bleiben auch länger tief. Jacken spielen beim Verkauf also eine viel wichtigere Rolle. Zudem erwarten die Österreicher bei Schuhen mehr Funktionalitäten. Bei den jüngeren Kunden sind die international angesagten Trends fast weltweit wiederzufinden. Weitere Ungleichheiten entstehen durch körperliche Unterschiede. Die Holländerinnen sind am größten in Europa, die spanischen Damen sind zarter und kleiner.

Sie sind erst seit einem Jahr in Österreich. Hat es sich gelohnt?

Wir sind absolut zufrieden in Österreich. Unsere beiden Geschäfte in Innsbruck und Gerasdorf ziehen nicht nur Kunden aus unmittelbarer Nähe an, viele nehmen eine längere Anreise in Kauf. Italiener und Schweizer kommen nach Innsbruck, und in Gerasdorf haben wir viele Kunden aus der Slowakei, Tschechien und Ungarn.

Wie lange dauert es, bis ein Primark-Store profitabel arbeitet?

Das sind so Zahlen, die ich immer vergesse. Unser Geschäftsmodell erlaubt keine Geschäfte, die unrentabel laufen.

Ist schon jemals ein Geschäft nach wenigen Jahren wieder geschlossen worden?

Ja, aber nur deshalb, weil man eine bessere Fläche bekommen hat und umgezogen ist. Wegen Erfolglosigkeit hat Primark noch keinen Store geschlossen.

In Deutschland hat Primark nur Städte mit mehr als 200.000 Einwohnern im Visier. Welche Strategie verfolgen Sie in Österreich?

In Österreich stehen Städte mit mehr als 100.000 Einwohnern im Fokus. In der Folge müssen wir abwarten, welche Angebote es gibt und wie sich das Land entwickelt. Es gibt hier auch Städte mit einem sehr großen Einzugsgebiet, die selbst nicht ganz so groß sind, aber eine hohe Attraktivität haben.

Wie darf man sich eine Primark-Landkarte in drei bis fünf Jahren für Österreich vorstellen?

Das vermag ich nicht zu sagen. Wir wollen nicht nur in die Einkaufszentren, sondern auch in die Innenstädte. Kürzlich haben wir den Vertrag für das vierte Geschäft in Österreich unterschrieben.

Einen Vertrag mit der Shoppingcity Seiersberg bei Graz?

(Krogmann schmunzelt und gibt keine Antwort)

Es wäre aber wieder ein Shoppingcenter, keine Innenstadt.

Das hat mit dem Flächenbedarf zu tun. Verfügbare Flächen entstehen nicht immer gleich mitten in der Stadt. Wir haben hier in der SCS 5000 Quadratmeter Verkaufsfläche und nochmals 2000 Nebenflächen für Lager und Sozialräume. 7000 Quadratmeter in der Innenstadt fliegen einem nicht einfach zu.

Im Textilhandel herrscht beinharter Verdrängungswettbewerb. Werden Preise und Qualität weiter sinken?

Unser Geschäftsmodell beruht nicht nur auf dem Preis. Die Mischung auf das Produkt bezogen heißt Mode, Qualität und Preis. Aber andere Faktoren wie Ladeneinrichtung, Service und Freundlichkeit der Mitarbeiter stellen auch ganz wichtige Erfolgsfaktoren dar. Nur den Preis im Fokus zu haben wäre gefährlich. Einer ist immer billiger. Entscheidend ist, was bekommt der Kunde für den Preis.

Sie gelten aber als Modediskonter.

Primark hat eine sehr schlanke Verwaltung. Wir machen eigentlich keine Werbung. Die Effektivität spielt bei uns eine große Rolle. Wir hinterfragen immer wieder unsere Abläufe in Bezug auf Schnelligkeit und Qualität.

Gibt es keinen Schlussverkauf bei Primark?

Eigentlich gibt es keinen Schlussverkauf, wie das einst originär erfunden wurde. Wir haben nach Weihnachten eine kurze Zeit, die wir Sale nennen. Aber unser Prinzip ist grundsätzlich, dass wir nicht gut gehende Artikel sofort im Preis reduzieren. Da wir preiswerter sind als der Mitbewerb, müssen wir mehr Teile verkaufen, um auf den gleichen Umsatz zu kommen. Das Lager muss permanent in Bewegung gehalten werden. andernfalls würden die Läden volllaufen. Das ist vergleichbar mit einer Badewanne, wo man den Stöpsel herausnehmen muss, wenn man frisches Wasser einfüllen will. Andernfalls geht die Badewanne oder bei uns das Lager über.

Der Kollektivvertrag im Handel ist in Österreich arbeitnehmerfreundlicher als in anderen Ländern. Ist das gut so?

Wir folgen dem Kollektivvertrag natürlich, da haben wir keine andere Wahl. Auf eine Wunschliste würden wir schreiben, dass es wie in England sein sollte, wo manches viel einfacher geregelt ist. Aber die Frage stellt sich nun mal nicht, denn jedes Land hat seine rechtlichen Grundlagen.

Im Frühjahr starben bei einem Brand in einer Textilfabrik in Bangladesch 1000 Menschen. Was tun Sie, um solche Katastrophen künftig zu verhindern?

So wie wir haben auch andere Firmen ihre Teams vor Ort und versuchen, unmittelbar Einfluss zu nehmen auf die Herstellungsbedingungen. Wir haben alle die gleiche Vorstellung. Aber letztlich müsste die dortige Regierung klare Arbeitsbedingungen definieren und für deren Einhaltung sorgen. Das kann nicht unsere Aufgabe sein. Wir auditieren zwar unsere Lieferanten und schauen genau, was die machen. Wir sortieren auch aus, wenn sich ein Lieferant nicht an unsere Vorgaben hält.

ZUR PERSON

Wolfgang Krogmann ist seit 2010 Chef von Primark für Deutschland und Österreich. Der 56-jährige Deutsche begleitete in den 1990ern H&M bei seiner Expansion in Deutschland. In der Folge war Krogmann in führenden Positionen bei Jean Pascale, Ulla Popken und Adler tätig. Primark ist seit 2012 in Österreich in Innsbruck und Gerasdorf bei Wien vertreten. Nun eröffnete der dritte Shop der Iren in der Shopping City Süd südlich der Bundeshauptstadt. [ Primark ]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.12.2013)

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