Sabine Lautenschläger: Die unbekannte neue EZB-Frau

File photo of Bundesbank Vice President Lautenschlaeger
File photo of Bundesbank Vice President Lautenschlaeger(c) REUTERS (LISI NIESNER)
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Die deutsche Bundesbank–Vizechefin soll Nachfolgerin von Jörg Asmussen werden. Wo sie geldpolitisch steht, ist eher unklar.

Wien/Frankfurt. Nach dem Abgang des Deutschen Jörg Asmussen als Mitglied des Direktoriums der Europäischen Zentralbank (er wird Staatssekretär in Berlin) ist nun klar, wer ihm nachfolgen soll: Die 49-jährige Juristin Sabine Lautenschläger wurde von der frisch vereidigten deutschen Bundesregierung Dienstagabend offiziell für den Posten nominiert.

Im Rennen um die wichtige Funktion waren neben Lautenschläger zuvor auch noch die Chefin der deutschen Finanzaufsicht BaFin, Elke König, und Wirtschaftsforscherin Claudia Buch gehandelt worden.
Formell hat Deutschland zwar gar kein Anrecht darauf, eine Ersatzperson für Asmussen zu nominieren - dem informellen Proporz zufolge muss die mit Abstand bedeutendste Volkswirtschaft der Eurozone aber im sechsköpfigen Direktorium vertreten sein.
Doch wo ist Lautenschläger geldpolitisch einzuordnen. Steht sie im Lager der „Tauben" (lockere Geldpolitik) oder im Lager der „Falken"?

Lautenschläger wurde in Stuttgart geboren und hat mit ihrem Mann Thomas Peitner eine Tochter. Sie war nach ihrem Studium in Bonn und einem Auslandsaufenthalt in Chicago jahrelang in der Bankenaufsicht tätig - zuletzt in den Krisenjahren 2008 bis 2011 als Exekutivdirektorin der BaFin.

Einfluss der Falken ist gesunken

Lautenschläger kommt im Vergleich zu den anderen Kandidatinnen etwas zu Gute, das andere nicht vorweisen konnten: Erfahrung auf dem Top-Level der internationalen Zentralbankenbürokratie. In ihrer Funktion als Vize der Bundesbank hat sie ihren Chef Jens Weidmann bereits seit 2011 zu EZB-Sitzungen begleitet. Sie sitzt auch im sogenannten Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht, der bei der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) angesiedelt ist - der sogenannten „Zentralbank der Zentralbanken". Das heißt: Lautenschläger kennt nicht nur die handelnden Personen in der Europäischen Notenbank, sondern ist auch international gut vernetzt.
Unbeantwortet bleibt bis dato aber Frage, wo Lautenschläger geldpolitisch steht, Das ist komplett unbekannt. Nachdem Bundesbank-Chef Jens Weidmann in den vergangenen Jahren bei einigen wichtigen Entscheidungen innerhalb der Europäischen Zentralbank als „Falke" eher isoliert war - und ausgerechnet sein deutscher Kollege Jörg Asmussen (ein SPD-Mitglied) dem EZB-Chef Mario Draghi bei der gelinde gesagt „flexiblen" Auslegung der eigentlich strikten EZB-Regeln behilflich war - ist davon auszugehen, dass Lautenschläger einen deutlich härteren geldpolitischen Kurs vertreten wird als ihr Vorgänger Asmussen.

Entscheidend wird, wie sie sich zwischen ihrem aktuellen Chef Jens Weidmann und ihren zukünftigen Kollegen Mario Draghi positionieren wird. Die meisten Beobachter trauen ihr, eine konservativere Linie zu, als Asmussen sie gefahren ist.

Das würde bedeuten, dass der Einfluss einer deutschen Hartwährungspolitik innerhalb der EZB tendenziell wieder gestärkt werden dürfte. Der Deutsche Jürgen Stark ist als EZB-Chefvolkswirt im Jahr 2011 zurückgetreten, um gegen die Lockerung der EZB-Geldpolitik zu protestieren. Seitdem ist der Einfluss der „Falken" in der EZB gesunken. Größter Streitpunkt zwischen Draghi und Weidmann sind die (bereits erfolgten) Anleihenkäufe der EZB und das (noch nicht verwendete) neue Anleihenkaufprogramm OMT. Draghi hält den Kauf von Staatsanleihen durch die EZB für eine im Notfall unverzichtbare Maßnahme zur Erhaltung der Gemeinschaftswährung. Aber Weidmann sieht darin unerlaubte Staatsfinanzierung durch die Zentralbank.

Frauen in der Minderheit

Doch bevor Lautenschläger sich in all diese Angelegenheiten einmischen kann, muss sie noch eine monatelange Prozedur abwarten. Nachdem sie bereits von der deutschen Regierung nominiert wurde, muss sie noch von den EU-Finanzministern und von den EU-Regierungschefs vorgeschlagen werden.
Dass auf Asmussen eine Frau folgt, mag für viele überraschend kommen. Doch die Zentralbank hat sich erst kürzlich einer Frauenquote unterworfen - nicht zuletzt auf Betreiben von Asmussen hin. Mit Lautenschlägers Aufstieg würde wieder eine Frau in den engeren Führungszirkel der Zentralbank einziehen. Mitte 2011 war die Österreicherin Gertrude Tumpel-Gugerell aus der EZB ausgeschieden. Sie war nach der Finnin Sirkka Hämäläinen erst die zweite Frau im Vorstand der Notenbank.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.12.2013)

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