Private kritisieren ORF für Champions-Leage-Kauf

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SWITZERLAND SOCCER UEFA DRAW CHAMPIONS LEAGUE(c) EPA (LAURENT GILLIERON)
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In einem Offenen Brief beschweren sich die Privatsender, der ORF habe mit einem "Angebot weit über den marktüblichen Konditionen" das ORF-Gesetz gebrochen.

Der ORF sicherte sich Anfang Dezember die Übertragung der Fußball Champions League ab 2015 bis 2018, nachdem diese drei Jahre lang bei Puls 4 lagen. Der Verband der Privatsender (VÖP) hat am Mittwoch einen Offenen Brief an die Politik sowie an den ORF-Stiftungsrat ausgesandt, in dem er sich über das Vorgehen des ORF beschwert. Der öffentlich-rechtliche Sender habe die privaten Mitbewerber mit einem "Angebot weit über den marktüblichen Konditionen" ausgestochen, heißt es darin. Dieses Verhalten stehe im Widerspruch zum ORF-Gesetz, das den ORF verpflichte, die Rundfunkgebühren nicht für den Kauf von Senderechten zu überhöhten Preisen zu verwenden. Aus Sicht des VÖP ist die Übertragung der Champions League für die Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Auftrags nicht erforderlich.

Mit dem Kauf habe der ORF außerdem bewiesen, dass er über ausreichende finanzielle Mittel verfüge, so der VÖP. Eine Fortsetzung der Gebührenrefundierung, für die der Öffentlich-Rechtliche derzeit wirbt, sei als "nicht notwenig". Ob es dadurch zu einer Wettbewerbsverzerrung gekommen sei, müsse letztlich die Medienbehörde KommAustria entscheiden.

Zudem halten die Privaten eine Diskussion über weitere Werbebeschränkungen für den ORF und die Höhe der Rundfunkgebühren für dringend erforderlich.

Auch die FPÖ kritisiert den ORF und fordert eine Überprüfung dieses Einkaufes.

ORF: Angebot entsprach Ausschreibungsbedingungen

Der ORF sieht in den Vorwürfen den "wiederholten Versuch, mit Falschaussagen, Unterstellungen und Unwahrheiten den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Österreich zu diskreditieren". Das Angebot des ORF habe "den Ausschreibungsbedingungen sowie den gesetzlichen Vorgaben entsprochen und wurde als bestes Gebot von der UEFA ausgewählt", der Lizenzpreis liege "im üblichen Bereich von anderen Fußball-Übertragungen". Zudem hätten Mitbewerber die Möglichkeit, Rechte an weiteren Live-Spielen oder Zusammenfassungen zu erwerben.

Einer möglichen Untersuchung durch die KommAustria sehe man gelassen entgegen. Gleichzeitig wurde betont, dass der ORF Entscheidungen nur auf "Basis seiner gesetzlichen Aufträge und im Interesse seines Publikums" treffe.

Den VÖP-Vorwürfen eines unausgewogenen Programms hält man "medienübergreifende Sozial- und Gesundheitsinitiativen", das Kulturangebot, eigenproduzierte Filme und Serien sowie die Übertragung von Randsportarten und die "nachhaltige Informationskompetenz" entgegen.

Wrabetz wehrt sich gegen die Vorwürfe

Mit dem offenen Brief wolle der VÖP "Stimmung gegen die Gebührenrefundierung und für weitere Beschränkungen im ORF-Gesetz" machen, wehrte sich ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz in einer Stellungnahme an den ORF-Stiftungsrat.

Er verwies erneut auf jene Leistungen, für die der öffentlich-rechtliche Sender "die Mittel aus der Gebührenrefundierung benötigt hat und auch weiterhin benötigt". Dass (ausgeglichene) Budget für 2014 sei auf "große Anstrengungen aller Unternehmensbereiche und insbesondere der Belegschaft" zurückzuführen. Weitere Beschränkungen der Mittel müssten "schlicht und ergreifend in einer Reduktion des Leistungsangebotes des ORF münden", so Wrabetz. Den privaten Mitbewerbern gehe es "um nichts anderes als die Steigerung der eigenen Marktanteile auf Kosten öffentlich-rechtlicher Qualität".

Das stellte wiederum Markus Breitenecker, stellvertretender VÖP-Vorstandsvorsitzender und Geschäftsführer von Puls 4, wo die Champions League derzeit zu sehen ist, in Abrede. Ganz im Gegenteil wolle man die öffentlich-rechtliche Qualität gestärkt sehen. Eingeschränkt werden sollten nur die kommerziellen Tätigkeiten des ORF, "aber auch diese nicht substanziell". Letztlich gehe es um ein ausgewogenes Verhältnis. "Die Mehrheit der Rechte kann schon beim ORF liegen, aber nicht praktisch alle, wie es derzeit der Fall ist. Nur das ist unsere Kritik. Unsere Forderungen sind eigentlich moderat, wenn man bedenkt, dass wir nichts anderes wollen als die Einhaltung des derzeit geltenden gesetzlichen Zustandes."

Puls 4-Chef: "Das ist die berühmte Geiselliste"

Der Hinweis des ORF auf jene Projekte, die aus Mitteln der Gebührenrefundierung finanziert wurden, sei ein bekanntes Kalkül. "Das ist die berühmte Geiselliste", erklärte Breitenecker. "Und selbst wenn der ORF die Gebührenrefundierung, die ohnehin vom Tisch ist, für Public-Value-Projekte zweckwidmen würde, bedeutet das, dass das Hauptbudget freigemacht wird für Kommerzexzesse."

Gerade bei teuren Sportrechten werde ersichtlich, dass sich diese in vielen Ländern "nur noch staatlich subventionierte, öffentlich-rechtliche Sender überhaupt leisten können", so Breitenecker. "Der ORF erwirbt ungebührlich viele Top-Rechte im Unterhaltungs- und Sport-Bereich, um österreichische Privatsender klein zu halten".

Die Refundierung

Dem öffentlich-rechtlichen Sender entgehen durch Gebührenbefreiungen für sozial schwache Haushalte etwa 57 Millionen Euro im Jahr.

In den vergangenen Jahren bekam der ORF 160 Millionen Euro vom Staat refundiert.

2010 und 2011 waren es noch jeweils 50 Millionen Euro, 2012 und 2013 jeweils 30 Millionen Euro. Laut derzeit gültigem Gesetz läuft die Refundierung mit Ende des Jahres aus.

Der ORF muss im kommenden Jahr wegen des Entfalls der Gebührenrefundierung rund 80 Millionen Euro einsparen.

(Red./APA)

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