Am Herd

Dann rette die Welt halt allein!

Wer hindert sie denn dran? Sagt ein Kollege, als er hörte, dass Millionäre fordern, höher besteuert zu werden. Tja, wer hindert mich dran, den Familienbonus der rumänischen Pflegerin zu spenden?

Die Welt, man stelle sich vor, könnte ein paradiesischer Ort sein. Da sitzt der Anzugträger mit dem Obdachlosen im Schatten der Platanen und teilt mit ihm sein Bier und sein Rucola-Risotto; da spielen die alte Nachbarin und der junge Syrer Backgammon, bis es dämmert; beim Anstehen an der Kassa im Supermarkt entwickelt sich eine angeregte Diskussion zwischen einer Jägerin und einem Veganer. Keiner hungert, keiner friert, niemand hat zu viel, alle genug, und in dieser Welt habe ich mit dem Familienbonus nicht die Flüge nach Sizilien bezahlt, sondern das Geld jemandem gegeben, der es nötiger hat.

Aber in Wirklichkeit bin ich halt gierig. Ich reise zu gern. Und ich habe mich zwar ziemlich aufgeregt über die türkis-blaue Entscheidung, mir und meinen Kindern mehr zu geben als der rumänischen Pflegerin und den ihren – aber wenn die Welt oder eine Regierung zu meinen Gunsten ungerecht ist, lasse ich es mir doch gefallen, vor allem, wenn das Geld schon auf meinem Konto ist.

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