Schlupflöcher oder Umgehungsmöglichkeiten müssen laut Steuerkommissar Semeta vermieden werden.
Berlin. Im Ringen um die geplante Finanztransaktionssteuer zeigt sich die EU-Kommission offen für eine spürbare Entschärfung. EU-Steuerkommissar Algirdas Semeta betonte in einem Gespräch mit der „Börsen-Zeitung“ seine Bereitschaft, Ausnahmen zuzulassen. „Wir würden einen Kompromiss mit einem weniger umfangreichen Anwendungsbereich unterstützen“, sagte der Litauer.
Die einzige rote Linie bestehe für die EU darin, dass Schlupflöcher oder Umgehungsmöglichkeiten vermieden werden müssten, die die Grundidee der Steuer als solche gefährdeten.
Das Vorhaben, mit dem Banken für die Kosten der Finanzkrise herangezogen werden sollen, wird von Deutschland und zehn anderen EU-Ländern unterstützt. Ursprünglich sollte die Steuer auf alle Aktien-, Anleihen- und Derivategeschäfte erhoben werden. Semeta sprach von einem „äußerst ehrgeizigen“ Vorschlag der Kommission, über den die Mitgliedstaaten nun verhandelten.
Ausnahme für Staatsanleihen
Mittlerweile wird über eine Reihe von Ausnahmen diskutiert. „Derzeit drehen sich die Verhandlungen um Schlüsselthemen wie Staatsanleihen und Repo-Geschäfte sowie die Behandlung der Primärhändler, also der Market Maker und der Pensionsfonds“, berichtete Semeta.
Nach Plänen der ablaufenden litauischen EU-Ratspräsidentschaft – sie wird von Griechenland abgelöst – soll die Steuer nicht auf Altersvorsorgeprodukte, Staatsanleihen und Geschäfte zugunsten der Realwirtschaft erhoben werden. Auch Repo-Geschäfte (kurzfristige Finanztransaktionen meist zwischen Banken, mit denen diese sich gegenseitig mit Geld versorgen) sollen ausgenommen werden. Vor allem die deutschen Sparkassen und Genossenschaftsbanken nutzen den Repo-Markt stark, um sich gegenseitig zu refinanzieren.
Laut Semeta habe sich das Engagement Deutschlands und anderer Regierungen für die Steuer nicht geändert. Seiner Einschätzung nach sei bis zur Europawahl im Mai ein Kompromiss erreichbar. „Danach brauchen wir sicher noch einige Zeit, bis wir das Gesetzgebungsverfahren formell abschließen können.“ Das heißt, dass die umstrittene Transaktionssteuer frühestens 2015 kommt. Österreich hatte ursprünglich schon im Budget 2014 Einnahmen von 500 Mio. Euro eingeplant. (Reuters/eid)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.12.2013)