Alfred Riedl: Ein Teamchef als Weltenbummler

(c) EPA (Narong Sangnak)
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Alfred Riedl, 64, versucht erneut sein Glück in Indonesien. Der Dreijahresvertrag birgt aber eine tückische Klausel: Bleiben Siege bei der AFF Championship 2014 aus, wird er entlassen.

Jakarta/Wien. Er betreute Österreichs Nationalteam 1991 für nur acht Spiele. Er war Teamchef in Palästina, Ägypten, Vietnam, Kuwait und Laos. Der Niederösterreicher Alfred Riedl, 64, war schon einmal Teamchef von Indonesien, er gilt in Asien als Spezialist für besonders harte Fälle. Er lernte beim Sportklub, in Kottingbrunn und bei FavAC. Kulturen, Religionen, Politik, persönliche Interessen, Lobbying, Armut oder Dummheit seiner Spieler – all diese „Nebengeräusche“ ist Riedl längst gewohnt. Deshalb verwunderte es auch niemanden, als er vor drei Wochen in Jakarta erneut zum Teamchef bestellt wurde.

Riedl ist allen Beteiligten im indonesischen Fußball bestens bekannt. Er trat diesen Job zum bereits dritten Mal nach 2010 und 2012 an. Er erhielt einen Vertrag bis Ende 2015, doch dieses Papier birgt eine überaus tückische Klausel. Bleibt Indonesien der Sieg bei den AFF Championship 2014, Südostasiens größtes Turnier gleicht einer Mini-EM, verwehrt, kann der Österreicher sofort entlassen werden. Eine Rauswurfklausel ist im modernen Profifußball ein Novum. Für Riedl ist das kein Hindernis, sondern eher eine Herausforderung, „und der stelle ich mich“.

Indonesien, Nummer 162 im Fifa-Ranking, wird von politischen Turbulenzen gebeutelt. Fußball spielt im größten Inselstaat der Welt eine große Rolle, es ist eine heikle Mission. Machtkämpfe hat Riedl alle überstanden, er hielt sich auch stets aus all diesen Interessen- und Religionskonflikten heraus. 2012 wurde er zwar entlassen –genoss diese Zeit aber trotzdem. Nun muss er richten, was dem Brasilianer Jacksen Tiago nicht gelungen ist: Ruhe und Eintracht sicherzustellen.

Riedls Enthusiasmus für seinen Job in dem 246 Millionen Einwohner zählenden, moslemischen Land hat weder durch die unübersichtliche Lage noch durch eine Nierentransplantation im März 2007 gelitten.
Damals rettete ein Vietnamese, der nach einem landesweiten Rettungsaufruf unter 100 Bewerbern, darunter auch Frauen, als passender Spender ausgewählt wurde, sein Leben. Die Operation erfolgte in Wien. Riedl sagt: „Ich fühle mich topfit, treibe fast jeden Tag Sport und denke gar nicht mehr an die Operation.“

Die Welt als Zuhause

Wenn seine Spieler nur ansatzweise so treffen würden wie einst er selbst, hätte der Trainer Alfred Riedl keinerlei Sorgen. Er wurde 1972, 1973 und 1975 in Belgien Torschützenkönig, 1977 gewann er den „Bronzenen Schuh“. Mit Austria Wien wurde er zweimal Meister, 1981 gewann er mit dem GAK auch den Cup.

Der Badener startete seine Trainerkarriere beim Sportklub, übte sich an der Seitenlinie von Kottingbrunn in Geduld und Demut und weil sich Österreich einst auf den Färöer Inseln blamierte, wurde er kurzerhand vom Assistenten zum Teamchef befördert. Die Spieler von den Schafinseln schenkten ihm auch den einzigen Sieg als ÖFB-Chef. 3:0 in Salzburg, das war's.

Es gibt Menschen, die das Fernweh weit weg von zu Hause zieht. Riedl verließ Österreich 1993. Enttäuscht von Niederlagen und Scharmützeln mit Anton Polster suchte er neue Herausforderungen. Er ging nach Marokko, in die Vereinigten Arabischen Emirate, erhielt sogar einen Einjahresvertrag beim ägyptischen Großklub Zamalek Kairo. Geld spielte nicht immer eine Rolle. Manchmal floss es im Überschuss, manchmal verdiente er auch gar nichts und musste Anwälte der Fifa als „Eintreiber“ engagieren.

1996 wurde Riedl Nationaltrainer im Iran. Sein Team schaffte es sogar in die Finalphase des Asien-Cups. 1997 wollte er Liechtensteins Amateuren auf die Beine helfen, im Jahr darauf rief Vietnam, dann Kuwait, Palästina, wieder Vietnam – seine Reisen und Destinationen brachten Unmengen von Geschichten, Abenteuern und Fußballspielen mit sich. „Genau das macht diesen Beruf doch so interessant“, sagte Riedl bei seinem letzten Wien-Besuch vor wenigen Wochen. Nichts anderes wolle er in seinem Leben machen.

In Österreich hingegen ist für Alfred Riedl kein Posten in Sicht. Er nimmt es nicht weiter schlimm. Seine Weltreise scheint noch lange nicht an ihrem Ziel angelangt zu sein. (fin)

Zur Person

Alfred Riedl wurde am 2. November 1949 in Wien geboren. Als Spieler war er unter anderem für Austria Wien, Royal Antwerpen, Standard Lüttich, FC Metz und GAK aktiv. Als Torjäger brachte er es zu großen Ehren. Riedl krönte sich in Österreich (1972) und Belgien (1973, 1975) zum Torschützenkönig. 1975 gewann er den „Bronzenen Schuh“ als drittbester Torschütze Europas.
Als Trainer hat Riedl Erfahrung wie kaum ein anderer. So trainierte er unter anderem die Nationalteams von Österreich, Liechtenstein, Vietnam, Palästina, Kuwait, Laos, Ägypten und Indonesien.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.12.2013)

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