Richterin bekämpft Schließungen von Bezirksgerichten

Justizminister Wolfgang Brandstetter hat von seiner Vorgängerin Beatrix Karl die Bezirksgerichts-Schließungen
Justizminister Wolfgang Brandstetter hat von seiner Vorgängerin Beatrix Karl die Bezirksgerichts-Schließungen "geerbt".APA/Roland Schlager
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Die Vorsteherin des Bezirksgerichts Enns (Oberösterreich), Elisabeth Preslmayr, will die Auflassung "ihres" Gerichts nicht hinnehmen.

Die im Zuge der Justizreform zuletzt ins Stocken geratene Schließung von kleinen Bezirksgerichten sorgt erneut für Aufregung: Vor allem in Oberösterreich gärt es. Wie in der Amtszeit von ÖVP-Justizministerin Beatrix Karl beschlossen wurde, werden (auch) dort schrittweise zehn der ursprünglich 28 Bezirksgerichte geschlossen. Deren Agenden werden von anderen Standorten übernommen. Die Vorsteherin des nun aufgelassenen Bezirksgerichts Enns, Elisabeth Preslmayr, wehrt sich dagegen.

Preslmayr hat sich wiederholt gegen die Auflassung „ihres" Gerichts ausgesprochen. Doch mit Jahresbeginn wurden neue Tatsachen geschaffen. Dem längst ausgearbeiteten, etappenweise zu vollziehenden Schließungsplan wurde Genüge getan: Die Agenden des Bezirksgerichts (BG) Enns wurden in das BG Steyr übergeleitet. Richterin Preslmayr muss ihrerseits übersiedeln. Ein eigenständiges BG Enns - im Sprengel Enns leben immerhin 30.000 Menschen - ist damit Geschichte.

Auch Schließungen in Niederösterreich

Übrigens: Außer dem BG Enns mussten in Oberösterreich mit Jahresbeginn weitere vier Bezirksgerichte schließen. Auch vier Bezirksgerichte in Niederösterreich wurden aufgelassen. Und mit Jahresmitte wird es weitere "Eingliederungen" - diesen Begriff verwendet das Justizressort - geben. Dann werden erneut Niederösterreich und auch die Steiermark betroffen sein. Derzeit gibt es 119 Bezirksgerichte in Österreich.

Zurück nach Enns: Die Zusammenlegung sei verfassungswidrig, lässt Preslmayr wissen. Und wendet sich nun an den Verfassungsgerichtshof. Die Argumentation klingt kurios, ist aber nicht neu (und dem Justizministerium wohl bekannt): Laut einem Übergangsgesetz aus 1920 dürfen sich die Grenzen der politischen Bezirke und jene der Gerichtsbezirke nicht schneiden. Genau dieser Fall tritt aber durch die Verlegung der Agenden des Gerichts in Enns, Bezirk Linz-Land, hin zum Gericht Steyr, Bezirk Steyr-Land, ein. Auch für andere Fusionen (derzeit wird genau gezählt, wie viele es sind) gilt dies. Einige Verfassungsjuristen geben Preslmayr nun recht.

Ferner wird Kritik an der möglichen Verletzung des Rechts auf den gesetzlichen Richter laut. Dieses Recht garantiert den Rechtssuchenden, dass örtliche, personelle und sachliche Zuständigkeiten von vorn herein klar geregelt sind. Kritiker der Fusionen mutmaßen insofern, dass Verfahren, die vor "zusammengelegten" Gerichten abgehandelt werden, mit Nichtigkeit bedroht sein könnten.

Im Justizressort sieht man die Rechtslage im Zusammenhang mit der Übergangsbestimmung aus 1920 wenig dramatisch. "Es ist seit Jahrzehnten gelebte Verwaltungspraxis, auch sprengelübergreifende Lösungen bei Gerichtsstandorten zuzulassen", erklärt Sprecherin Dagmar Albegger. Und: "Bisher hat es damit keinerlei Probleme gegeben. Schon vor der aktuellen BG-Reform gab es eine Reihe von sprengelübergreifenden Gerichtsstandorten, etwa BG Klagenfurt, BG Salzburg, BG Innsbruck. Diese Praxis wurde bisher auch nicht beanstandet."

Letztlich heißt es: "Die aktuelle BG-Reform in Oberösterreich wurde mit Verordnung der Bundesregierung beschlossen." So ganz frei von Zweifeln scheint man aber nicht zu sein: "Aus aktuellem Anlass wird die Situation aber gemeinsam mit dem Verfassungsdienst des Bundeskanzleramts auf ihre Verfassungskonformität geprüft."

(m. s.)

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