„Ein Nein muss der Arbeitgeber akzeptieren“

Eine Leibesvisitation etwa darf man verweigern. Ein Entlassungsgrund kann das nicht sein.

Wien. Wie kann man sich als Arbeitnehmer gegen überschießende Kontrollen wehren? Etwa beim Ansinnen einer Leibesvisitation hat man das Recht, Nein zu sagen, denn das geht eindeutig zu weit. „Ein Nein ist vom Arbeitgeber zu akzeptieren“, sagt Arbeitsrechtsexperte Thomas Angermair. Ein Entlassungsgrund kann das nicht sein.

Selbst wenn der Arbeitgeber daraufhin „nur“ die Kündigung ausspricht – was er an sich ohne Angabe von Gründen darf –, wäre das wohl ein „verpöntes Motiv“ und die Kündigung beim Sozialgericht anfechtbar. Arbeitnehmer können außerdem verlangen, dass die überzogenen Kontrollen aufhören, und auf Unterlassung klagen. Im Extremfall – wenn man sich einer unwürdigen Behandlung nicht länger aussetzen will – könnte man sogar den Job hinschmeißen, ohne seinen Anspruch auf Kündigungsentschädigung, Urlaubsabfindung und gegebenenfalls auf die „Abfertigung alt“ zu verlieren. Denn so etwas ist laut Angermair eventuell ein Grund für einen berechtigten vorzeitigen Austritt. Nur steht man dann ohne Arbeit da – und riskiert auch sonst viel: Kommt der Fall vors Gericht und stellt sich heraus, dass der Austritt doch unberechtigt war, fällt man um seine Ansprüche um. „Man müsste hier besonders sorgfältig vorgehen“, sagt Angermair. Im Normalfall wird man den Arbeitgeber zuerst darauf hinweisen müssen, dass man geht, wenn die „Übergriffe“ nicht aufhören.

Kontrollmaßnahmen offenlegen

Was muss andererseits der Arbeitgeber tun, um rechtlich auf der sicheren Seite zu sein? Vor allem muss er bei die Menschenwürde berührenden Maßnahmen die Zustimmung von Betriebsrat oder Mitarbeitern einholen (siehe Artikel oben). Wichtig sei es auch, dass die Mitarbeiter über die Kontrollen aufgeklärt werden, sagt Rechtsanwalt Georg Fellner. Er rät, klar darzulegen, wie kontrolliert wird. Das vermeidet nicht nur Streitigkeiten, ob eine wirksame Zustimmung zu einer bestimmten Maßnahme vorliegt, „sondern hat oft auch präventive Wirkung“.

Wenn jemand konkret verdächtigt wird, eine Ware eingesteckt zu haben, können Maßnahmen gerechtfertigt sein, die sonst zu weit gehen. So braucht man laut Fellner dann nicht unbedingt eine (Betriebs-)Vereinbarung, um den Betreffenden zum Öffnen der Tasche aufzufordern. Der Mitarbeiter darf es aber verweigern. Der Arbeitgeber kann dann letztlich nur die Polizei holen bzw. Anzeige erstatten. (cka)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.01.2014)

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