Tourismus: Wellness ist längst Schnee von gestern

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Wellnesshotels sind in die Jahre gekommen. Beim ÖHV-Kongress sind sich die Experten einig: Nur wer investiert und sich spezialisiert wird wirtschaftlich überleben. „Die Pseudoanlagen werden verschwinden.“

Wels. Was macht man als Ferienhotelier, wenn die Winter keine richtigen Winter mehr sind? „Jeder Hotelier sollte sich so positionieren, dass er von externen Faktoren unabhängig ist. Auch vom Wetter“, sagt Gregor Hoch, Präsident der Österreichischen Hoteliervereinigung (ÖHV) und Chef des Hotels Sonnenburg in Lech am Arlberg, immerhin einer der schneesichersten Orte Österreichs.

„Wellness“, lautete die gängige Antwort und war das Allheilmittel der Branche in den vergangenen 30 Jahren auf die Frage, was außer Wintersport man noch bieten kann. Gregor Hoch hat es getan, Walter Veit, Chef des Hotels Enzian in Obertauern, und Christine Gschwentner, Directrice des Hotels Schwarzbrunn in Stans in Tirol. Sie alle haben beträchtliche Summen in Wellnessanlagen investiert.

Die Familie Gschwentner hat gerade erst 2012 neun Mio. Euro in einen Umbau gesteckt und will sich nun als Spa- und Aktivhotel neu positionieren: „Bei uns ist es eine Überlebensfrage gewesen“, sagt Gschwentner. „Unser Hotel befindet sich auf 560 Metern Seehöhe im Inntal, mit Skiorten wie Lech können wir qua Schnee sowieso nicht konkurrieren. Wir haben uns immer schon schwergetan mit schneelosen Wintern.“ Das Hotel Schwarzbrunn ist ein Ganzjahresbetrieb, dessen stärkere Saison immer der Sommer war. Doch die neue Ausrichtung auf Gesundheit und Nachhaltigkeit soll auch im Winter vermehrt die Zielgruppe der sogenannten „Lohas“ (Lifestyles of Health and Sustainability) nach Stans locken. Und wer gesund und nachhaltig lebt, wird auch mit veganen Gerichten verwöhnt.

Mittlerweile ist aber auch Wellness längst Schnee von gestern. Bei den Hotels, die im Lauf der letzten 30 Jahre auf den Wellnesszug aufgesprungen sind, wird sich demnächst die Spreu vom Weizen trennen, ist Walter Veit überzeugt. „Es wird eine riesige Marktbereinigung geben. Viele Anlagen, die in den Neunzigerjahren errichtet wurden, benötigen jetzt eine Generalüberholung.“ Nicht alle hätten für diese neuerliche Investition aber das Geld. Kredite seien nicht mehr so locker zu bekommen wie in den Neunzigerjahren, als die Wachstumseuphorie in voller Blüte stand. Nicht wenige hätten sich damals verkalkuliert. Oder einfach gar nicht kalkuliert und eine Anlage gebaut, weil der Nachbar auch eine hatte. Ohne vernünftigen Businessplan. Wellness habe als Etikett eine Zeit lang funktioniert. Die Zeiten, als man eine Infrarotkabine als Wellness verkaufen konnte, seien aber lang vorbei: „Die ganzen Pseudoanlagen werden verschwinden, der Rest wird sich spezialisieren“, ist Veit überzeugt.

Doch auch für Hotels, die alles richtig gemacht haben und die es sich leisten können, auf dem aktuellsten Stand zu bleiben, wird es nicht einfach. „Auch wir haben unendlich in Wellness investiert, und jetzt liegt die Anlage sechs Monate im Jahr brach“, sagt Veit. Nicht zuletzt deshalb hat Gregor Hoch bereits begonnen, sein Hotel in Lech auch im Sommer aufzusperren. Veit macht das in Obertauern zwar noch nicht – „wir sind aber drauf und dran. Der Spruch, dass man in Obertauern fünf Monate arbeitet und sich den Rest des Jahres einen Lenz macht, gilt nicht mehr.“ Es gebe eine gewisse Skimüdigkeit, und der Gast würde auf ein individuelleres Angebot Wert legen. Das reiche vom Scheewandern übers Rodeln bis zum Eisstockschießen. Die Hoteliers in den Skiregionen seien außerdem aufgerufen, über die klassische Wintersaison hinauszudenken. Es gebe ein Leben auch ohne Schnee. Oder fast: „Wir müssen uns trauen, auch einen Winter mit wenig Schnee zu bewerben und die Saison auszuweiten“, sagt Gregor Hoch. „Es kann auch einmal aper sein und trotzdem schön.“

Europa verliert Marktanteile

Für Petra Stolba, Chefin der nationalen Tourismusmarketingorganisation Österreich Werbung, ist klar, dass sich die Zahl der Touristen erhöhen wird. Bis 2030 werden die internationalen Ankünfte von derzeit 1,04 auf 1,8 Milliarden weltweit steigen. Allerdings wird Europa bis dahin elf Prozent weniger Ankünfte verzeichnen. Drei Viertel der Touristen in Österreich kommen aus dem Inland oder aus Deutschland. Österreich Werbung will verstärkt potenzielle Gäste aus dem Fernen Osten ansprechen. (es/APA)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.01.2014)

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