Griechenland: Angst vor der Rückkehr des linken Terrors

Christodoulos Xiros
Christodoulos Xiros APA/EPA/ORESTIS PANAGIOTOU
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Der entflohene Altterrorist Christodoulos Xiros meldet sich per Drohvideo aus dem Untergrund.

Athen. Zwei Wochen nach seiner Flucht meldete sich nun der 55-jährige, linksextreme Terrorist Christodoulos Xiros aus dem Untergrund. Im roten Sweater, vor dem Foto von Che Guevara und Kämpfern des griechischen Widerstands im Zweiten Weltkrieg, polemisierte er in einem Video gegen die EU, sprach vom „Vierten Deutschen Reich“, bedrohte Politiker, Polizisten, Justiz und Journalisten. Deshalb wächst die Angst der Behörden vor einem unmittelbar bevorstehenden großen Anschlag.

Xiros war einer der Hauptmörder der Terrororganisation „17. November“, die 27 Jahre lang Anschläge verübte. Als er 2002 schließlich verhaftet wurde, hatte zwar bereits sein Bruder Savvas seine Rolle in der Organisation übernommen. Doch das kriminelle Potenzial des mehrfach zu lebenslänglich verurteilten Xiros war nach wie vor gewaltig. Die Justiz muss sich die Frage gefallen lassen, warum sie Xiros Hafturlaub gewährte – den er zur Flucht nutzte. Die Polizei beunruhigt vor allem das Netzwerk hinter ihm. Es gibt Hinweise darauf, dass ihn mehrere Gruppen als Integrationsfigur für eine breite Front von Terrororganisationen sehen.

Der griechische Linksterrorismus war 2013 sehr aktiv. In Erinnerung geblieben sind vor allem der Anschlag auf die Büros der konservativen Regierungspartei Nea Dimokratia im Jänner, die „Hinrichtung“ zweier Mitglieder der rechtsextremen Goldenen Morgenröte im November und der Anschlag auf die Residenz des deutschen Botschafters. Die Polizei geht von drei Terrorfraktionen aus, die miteinander kommunizieren und eine „Einheitsfront“ bilden könnten.

Einem Fehler der Justiz ist es zuzuschreiben, dass Nikos Maziotis, führendes Mitglied der Terrorgruppe „Revolutionärer Kampf“, auf freiem Fuß ist. Er musste 2012 entlassen werden, da die Frist für seine Untersuchungshaft abgelaufen war. Ihm wird unter anderem der Anschlag auf die Büros der Nea Dimokratia angelastet.

Eine junge Organisation ist die „Verschwörung der Zellen des Feuers“, die sich aus jungen Mitgliedern aus mitunter gutbürgerlichen Familien zusammensetzt, die sich nach den schweren Unruhen in Athen 2008 radikalisierten. Im Gegensatz zu den anderen Gruppen hat die Organisation eine große Zahl von Mitgliedern, was Erinnerungen an die italienischen Roten Brigaden aufkommen lässt. Die Organisation hat sich nach amateurhaften Anfängen professionalisiert und ist schwer bewaffnet. Die brutalste Organisation ist die „Sekte der Revolutionäre“.

Anschlagsplan gegen Troika?

Die EU-Präsidentschaft Griechenlands im ersten Halbjahr 2014 verstärkt die Angst der Polizei vor einem spektakulären Terrorakt einer neu gegründeten Terrorfront. Die Verhandler der Troika würden prominente Ziele abgeben, die den Terroristen große mediale Aufmerksamkeit sichern würden.

Doch es gibt auch Stimmen, die beruhigen. So waren im November 2013, nach dem Mord an den beiden Rechtsextremen, Befürchtungen vor einem „Bürgerkrieg“ zwischen links und rechts laut geworden. Das hat sich nicht bewahrheitet. Auch die Wiederaktivierung von Christodoulos Xiros könnte sich letztlich als Strohfeuer eines wenig organisierten Linksextremismus herausstellen – viel mehr als eine Hoffnung ist das allerdings nicht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.01.2014)

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