Chodorkowskij: "Putin hat verboten, mich zu töten"

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Ex-Oligarch erzählt erstmals über Lagerhaft. Er sei zunächst in die „schwarze Zone“ gekommen, berichtet der Ex-Häftling. „Dort regieren die Gefangenen.“

Bern. Fünf Wochen nach seiner Freilassung hat der ehemals reichste Russe und vormalige politische Häftling Michail Chodorkowskij pikante Details von seiner Lagerhaft erzählt. „Putin hat verboten, mich umzubringen“, sagte Chodorkowskij in einem Interview mit den Schweizer Zeitungen „SonntagsZeitung“ und „Le Matin Dimanche“. Das habe ihn geschützt.

Im Lager sei er zunächst in die „schwarze Zone“ gekommen, berichtet der Ex-Häftling. „Dort regieren die Gefangenen.“ Es gebe auch noch die „rote Zone“, wo Chaos und Selbstjustiz herrschten, sowie die „Regime-Zone“, welche die „normale Zone“ sei.

Stellt sich die Frage, wo es leichter auszuhalten ist. Für gewöhnliche Gefangene, also etwa 90 Prozent der Inhaftierten, sei die Situation in der Regime-Zone besser, meint Chodorkowskij. Für jene zehn Prozent, die über Geld und Autorität in der Unterwelt verfügten, sei jedoch die schwarze Zone eindeutig zu bevorzugen. „Man verfügt über Telefon, Lebensmittel, Wodka, Drogen.“

In der schwarzen Zone könne ein Inhaftierter unter gewissen Bedingungen sogar seine Baracke verlassen und spazieren gehen. „Es ist alles – oder fast alles – möglich“, erzählt der 50-Jährige.

Das Essen im Lager sei recht gut gewesen. „Das hängt von den Insassen ab. Sie stehen in der Küche. Wenn sie kalte oder schlecht zubereitete Mahlzeiten servieren, dann gibt es sofort Ärger.“

Er habe nicht damit gerechnet, jemals frei zukommen, berichtet Chodorkowskij weiter. „Ich lebe nach dem Prinzip ,Nichts glauben, nichts fürchten, nichts fordern‘. Das bewahrt einen vor Enttäuschungen. Deshalb hätte ich auch kein Gnadengesuch gestellt, wenn man mich nicht gebeten hätte.“ Der Vorschlag, ein Gesuch zu stellen, sei ihm vom ehemaligen deutschen Außenminister Hans-Dietrich Genscher über dessen Anwalt überbracht worden. „Aber ich wusste, dass der Vorschlag von Putin stammte.“ (ag.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.01.2014)

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