Das Gold des Westens fließt nach Asien

Gold, Chona. Fons
Gold, Chona. Fons(c) REUTERS (JON WOO)
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Noch nie hat die Volksrepublik so viel Gold importiert. Die Nachfrage in China explodiert, der Preis könnte 2014 trotzdem noch fallen.

Wien. Auf dem Goldmarkt stehen sich zwei Extreme gegenüber: einerseits der westliche Markt, der zwar den Preis bestimmt, seit einigen Jahren aber von Spekulanten an den Terminbörsen und börsengehandelten Fonds (ETF) dominiert wird. In der anderen Ecke stehen mehrere Milliarden Privatanleger und die Regierungen (Notenbanken) Asiens, die physisches Gold „verschlucken“ wie ein schwarzes Loch. Im vergangenen Jahr, als der Goldpreis um bis zu 28 Prozent eingebrochen ist, ist die Nachfrage nach physischem Gold in China gleichzeitig um mehr als 30 Prozent in die Höhe gegangen. Noch nie hat die Volksrepublik so viel Gold importiert: Rund 1100 Tonnen waren es 2013 – und das sind nur die Zahlen der Importe über Hongkong. Die Goldbörse von Schanghai, deren Bedeutung stark wächst, lieferte nach eigenen Angaben zusätzlich rund 2200 Tonnen Gold an Kunden aus – das ist praktisch die gesamte Minenproduktion eines Jahres.

Fonds verkaufen 870 Tonnen

Ähnlich sieht es in Indien aus, das bisher der weltweit größte Markt für physisches Gold war. Die Regierung hat in den vergangenen Monaten versucht, das Handelsbilanzdefizit durch erhöhte Importzölle auf Gold zu reduzieren. Der Erfolg: Die goldverliebten Inder stiegen auf Schmuggel und Schwarzmarkt um – die Zahlen sind dadurch verzerrt. Und trotzdem verzeichnet Indien für 2013 einen Nachfrageanstieg um 24 Prozent auf rund 970 Tonnen. Die Regierung prüft bereits wieder die Aufhebung der Zölle.

Gleichzeitig haben sich mit Metall hinterlegte Fonds, die im Westen und da vor allem in den USA als Anlagevehikel beliebt sind, im vergangenen Jahr von knapp mehr als 870 Tonnen Gold getrennt – dieses Gold fließt nun nach Asien und wird von dort so schnell wohl nicht zurückkommen. Alle wichtigen Anbieter von Goldlagerung expandieren derzeit in Asien. Die 154 Jahre alte US-Firma Brink's, einer der Marktführer bei der Goldlagerung, hat inzwischen fünf Tresore allein in Singapur. Dazu kommen zahlreiche Standorte in Hongkong und China. Auch die Deutsche Bank und UBS bauen ihre Angebote aus.

In China ist eine Kombination aus wachsendem Reichtum und einer schrittweisen Liberalisierung des Marktes für die gestiegene Nachfrage verantwortlich. Immer mehr Banken verkaufen Gold in Barren- und Münzenform – auch in bisher nicht versorgten Gebieten. Die Nachfrage nach Barren und Münzen ist laut Thompson Reuters GFMS 2013 um fast 50 Prozent gestiegen. Die chinesische Regierung unterstützt diesen Trend auch, indem sie die Bevölkerung offen zum Goldkauf aufruft. Offenbar betrachtet Peking privaten Goldbesitz als Vorteil im internationalen Spiel der politischen Kräfte.

Die staatlichen Goldreserven liegen offiziell immer noch bei rund 1000 Tonnen. Experten schätzen aber, dass es inzwischen bis zu 6000 Tonnen sein könnten. Gründe für die hohe Schätzung gibt es genug. Während China ein Geheimnis aus den Reserven macht, ist man bei der Absicht offen: Bis zu 10.000 Tonnen Gold will man zusammenraffen – und sich damit auf Augenhöhe mit den Amerikanern (im Besitz von rund 8000 Tonnen) und den Europäern (rund 10.000 Tonnen) stellen. China ist selbst außerdem längst der größte Goldproduzent der Welt.

Anleger gegen Spekulanten

Es wäre aber falsch, die steigende physische Nachfrage einzig auf Asien zurückzuführen. Die Münze Österreich, die mit dem Philharmoniker eine der wichtigsten Goldmünzen weltweit prägt, fährt seit Monaten 24-Stunden-Schichten, um die weltweite Nachfrage zu befriedigen. „Wir haben 2013 den Goldabsatz um rund 30 Prozent gesteigert – im Vergleich zu 2012“, sagt Münze-Generaldirektor Gerhard Starsich. „Das waren 1,37 Millionen Unzen Gold. Im absoluten Rekordjahr 2011 waren es 1,7 Millionen.“ Die Münze verkauft vor allem in Europa, den USA und Japan – die Käufer von physischem Gold sitzen also nicht nur in China und Indien. Beim Silber verkaufe man zudem derzeit jede Unze, die geprägt wird, noch am selben Tag, so Starsich.

Der Krieg zwischen Anlegern und Spekulanten ist aber noch nicht vorbei – der Trend eines fallenden Preises bei steigender Nachfrage nach dem Metall dürfte auch 2014 noch weitergehen. Thompson Reuters GFMS sieht den Goldpreis-Durchschnitt 2014 bei rund 1225 Dollar, er könne zeitweise aber auf bis zu 1000 Dollar fallen. Entscheidend dürfte die Marke von 1200 Dollar sein. So hoch sind derzeit die durchschnittlichen Produktionskosten einer Unze Gold.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.01.2014)

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