Grazer sollen freiwillig aufs Auto verzichten

Projekt. In der steirischen Hauptstadt, durch ihre Lage Feinstaub-Hotspot Österreichs, sollen Autofahrer an einem Tag der Woche freiwillig ihr Fahrzeug stehen lassen. Als Anreiz winken günstigere Tickets für den öffentlichen Verkehr.

Graz/Wien. Auch in Graz wurden die Feinstaubgrenzwerte im Jänner schon etliche Male überschritten – an der Messstelle Graz-Süd Tiergartenweg gar schon zehnmal, also an jedem dritten Tag. Der Grazer Bürgermeister, Siegfried Nagl (ÖVP), will die Grazer nun mit billigen Fahrscheinen für den öffentlichen Verkehr motivieren, ihre Autos an zumindest einem Tag pro Woche stehen zu lassen: mittels eines „Feinstaubpickerls“ das – wie das Pickerl in der Ölkrise der 1970er-Jahre – an die Windschutzscheibe geklebt wird und anzeigt, an welchem Tag die Autofahrer freiwillig ihr Auto in der Garage lassen wollen. Das gemeinsam mit der Graz Holding erstellte Angebot sieht vor, dass man die Pickerln gegen Vorlage des Zulassungsscheins um 25 Euro bekommt und dafür an dem ausgeschilderten autofreien Wochentag von November bis März alle Linien der Zone 101 in Graz und Umgebung nutzen darf. Pro Auto können fünf Langzeittageskarten erworben werden.

Schlechte Luft im Becken

„Bei der Umweltzone hatte ich leider starken Gegenwind. Weil seither eine Art Vogel-Strauß-Politik vorherrscht, mache ich das, was mir möglich ist“, begründete Nagl seinen Vorstoß. Dieser muss allerdings noch durch Partei, Stadtregierung und Gemeinderat abgesegnet werden. Intern erwartet man rund 10.000 Umsteiger und drei bis fünf Prozent weniger Feinstaub.

Graz soll so seinen Ruf als Feinstaubhochburg loswerden. Denn die Werte sind dort traditionell hoch wie nirgendwo sonst in Österreich: 2013 wurde der Grenzwert von 50 Mikrogramm Feinstaub pro Kubikmeter Luft an der Messstelle Don Bosco an 48 Tagen überschritten. Die hohen Werte liegen vor allem an der Beckenlage und der häufigen Inversionswetterlage: Kann sich die Luft nicht verteilen, bleiben die Schadstoffe.

Viele Aktionen, die den Feinstaub reduzieren sollten, hatten bisher kaum Erfolg. Etwa der 2007 vom damaligen SPÖ-Landesrat Manfred Wegscheider propagierte freiwillige autofreie Tag. Nagl will sich davon aber nicht abschrecken lassen.

Wolfgang Malik von der Graz Holding bezeichnet das Pickerl als Teil eines Gesamtkonzepts und verweist auf die 2013 um 3,5 Prozent auf fast 106 Mio. gestiegenen Passagierzahlen der Grazer Linien. Im Gegensatz zum beliebten, aber eingestellten „Frischluftticket“, das 2010 bis 2012 vom Land mitfinanziert wurde und 99 Euro pro Halbjahr gekostet hat, stehen für die geplante Aktion nur Mittel aus dem Holding-Marketing und allfälliger Sponsoren zur Verfügung. (cim)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.01.2014)

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