"Europas Aktienmärkte ziehen nach der Korrektur wieder an"

Sebastien Petit, Europa-Aktienstratege der Fondsgesellschaft Fidelity, sieht kurzfristig leichte Turbulenzen auf den europäischen Aktienmärkten. Schon im nächsten Jahr werde es aber wieder deutlich aufwärtsgehen, auf Sicht von drei Jahren bleiben Europa-Aktien ein klarer Kauf.

Wien. Die lang erwartete Börsenkorrektur ist da, aber sie wird keine wirkliche Trendwende an den Märkten einleiten. Diese Ansicht vertritt der Europa-Aktienstratege der von Fidelity, Sebastien Petit. Im Gespräch mit der „Presse“ sagte Petit, er rechne damit, dass sich das Kursniveau in der laufenden Korrektur um nicht mehr als fünf bis acht Prozent verändern werde. Langfristig habe sich am Aufwärtspotenzial der europäischen Aktienmärkte nichts geändert.

Auf Sicht der nächsten Monate rät der Aktienstratege freilich zur Vorsicht: Die Börsen hätten wie üblich den Konjunkturaufschwung um mehrere Monate vorweggenommen, was die sehr gute Entwicklung des vergangenen Jahres erkläre. Jetzt seien die Kurse aber schon sehr weit gelaufen, zumal es neuerdings kräftigen Gegenwind von der Entwicklung in Schwellenländern wie Argentinien, China oder der Türkei gebe. Die Gewinnerwartungen und damit die Kursziele für dieses Jahr könnten also zu hoch gegriffen sein.

Insgesamt werde an den europäischen Börsen heuer nicht viel zu verdienen sein, meint Petit. Außer natürlich, man hat ein glückliches Händchen: „Jetzt ist die große Zeit der Stock-Picker.“

Schon für 2015 erwartet der Fidelity-Stratege aber wieder zweistellige Zuwächse bei den Unternehmensgewinnen. Dann würden auch die europäischen Börsen, die derzeit trotz der jüngsten Kurssteigerungen noch günstig bewertet seien, wieder stärker zulegen.

Dass ein Wiederaufflackern der Eurokrise die Kurse erneut in den Keller schickt, glaubt Petit nicht: Die Lage sei labil, habe sich in den vergangenen Jahren aber schon deutlich gebessert. Besonders Spanien und Irland hätten schon schöne Reformerfolge erzielt. Selbst Griechenland, wo die Lage noch riskant sei, sei nun „ein viel besserer Platz als vor drei Jahren“. Hohen Reformbedarf ortet der Experte noch in Frankreich, das von den Märkten – im Gegensatz zu Spanien und Italien – bisher nicht zu Reformen gezwungen worden sei. Aber auch dort zeichne sich eine Trendwende ab.

Vor allem aber: „Man kauft nicht Makroökonomie, sondern Unternehmen.“ Und diese hätten die Krise zu sehr ambitionierten Kostensenkungsprogrammen genutzt und würden nun strukturell viel besser dastehen als vor ein paar Jahren. Das gelte besonders für Deutschland, aber nicht nur: „In Europa findet man viele gute Unternehmen, auch in Ländern, denen es nicht so gut geht.“

Auch der absehbare Ausstieg der US-Notenbank Fed aus der Politik des leichten Geldes werde die Märkte nicht sehr irritieren, glaubt Petit. Die hätten das ja schon vorweggenommen. Die Probleme, mit denen die Märkte der Schwellenländer momentan kämpfen, hätten ihren Grund ja nicht zuletzt in den Fed-Ankündigungen.

Kurz und gut: Trotz kurzfristiger Turbulenzen seien europäische Aktien auf Sicht von ein bis drei Jahren ein klarer Kauf, meint der Stratege. Was würde er denn persönlich jetzt kaufen? „Ein gut aufgestelltes Unternehmen, das in Emerging Markets, etwa China, sehr stark ist. Also zum Beispiel Volkswagen.“ (ju)

DER AUTOR

Sebastien Petit ist Europa-Aktienstratege der Fondsgesellschaft Fidelity. Seine Prognose: In diesem Jahr wird an den europäischen Börsen nicht allzu viel zu verdienen sein, aus diesem Grund sollten Investoren vorsichtig sein. Aber schon im kommenden Jahr werde sich die Lage wieder deutlich verbessern. [ Fidelity]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.02.2014)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.