„Ich bin oft die einzige Frau“

Frauen und Verhandlungstechnik. Gleich ob in der Kammer oder in der Pfandleihanstalt – da wie dort gilt es, den eigenen Standpunkt zu vertreten. Dafür gibt es einige Tricks. Und die könne man lernen, sagt Karin Meier-Martetschläger.

Auf einen Blick

Karin Meier-Martetschläger ist Pfandleiherin. Das 1975 gegründete Geschäft am Währinger Gürtel hat sie von ihrer Mutter übernommen. Die Branche sei hart, sagt sie, aber sie boome, seit Kleinkredite für Banken uninteressant geworden sind. Die Kunden kommen aus dem „ältesten Gewerbe“ der Welt oder aus der Managementetage, sind Geschäftsleute oder Arbeitslose. Sogar ein Staatsanwalt war darunter. Sie alle wollen schnell und unauffällig ihren Wagen belehnen und dann damit weiterfahren.

Meier-Martetschläger ist auch in der Wirtschaftskammer aktiv, auf Bundesebene als Fachausschussvorsitzende der Pfandleiher und Versteigerer, in Wien als Berufsgruppenvorsitzende. „Extrem kritisch“ sei sie der Kammer gegenübergetreten, sagt sie, bis man sie fragte, ob sie sich vorstellen könne mitzuarbeiten. Kritisieren allein ist zu wenig, dachte sie: „Wenn ich die Möglichkeit bekomme, muss ich auch etwas ändern.“

In Männerdomänen unterwegs

Viele Kolleginnen gebe es in ihrer Branche nicht, sagt die Doppelmagistra (Jus und BWL), die sich „gern in der Männerwelt bewegt“. Männer seien kalkulierbarer und ein gelegentlicher anzüglicher Witz ihnen meist selbst am peinlichsten. Weibliche Zickenhaftigkeit, Neid und Zaudern sind ihr fremd: „Warum zaghaft? Wir sind doch gleich ausgestattet!“ Probiert es aus und lernt, eure Grenzen zu erweitern, gibt sie weniger dynamischen Geschlechtsgenossinnen mit auf den Weg: „Und nehmt euch selbst nicht so wichtig!“

Im September hat sie sich die Führungskräfteausbildung „Zukunft.Frauen“ selbst zum Geschenk gemacht. Dort lernt sie gemeinsam mit zwei Dutzend anderen High Potentials, sich als Frau in den höchsten Gremien zu bewegen. „Wir sind eine tolle Gruppe“, schwärmt sie. Sie hätte nicht mit so viel Zusammenhalt gerechnet und obwohl sie nicht leicht zu beeindrucken ist, „herausragende Persönlichkeiten“ kennengelernt.

Inhaltlich war ihr das Modul „Verhandlungstechnik“ das liebste. Diese unterscheide sich in der Spitzenliga kaum von jener in ihrer Pfandleihe. Das Um und Auf sei eine „Topvorbereitung. Ich habe immer mehr Unterlagen mit als nötig.“ Man müsse das Ziel kennen und das angestrebte Mindestergebnis: „In  dieser Bandbreite bewege ich mich. Nie darunter.“

Befindlichkeiten hintanstellen

Ihr Credo ist, das Gegenüber ernst zu nehmen und ihm auf Augenhöhe zu begegnen: „Wenn einer glaubt, er ist besser als ich, muss ich ihm den Wind aus den Segeln nehmen.“ Manche brüllen, dann wird sie leiser. Manche attackieren sie, dann lehnt sie sich zurück und macht „den Rücken breit“. Oder wartet still, bis dem Gegenüber die Argumente ausgehen. Manchmal schlägt sie vor, „wir machen eine Pause und wenn Sie meinen, Sie können wieder, reden wir weiter.“

Auf Kammerebene kennt sie Verhandlungen mit „weit auseinanderklaffenden Ausgangspositionen“. Dann wendet sie viel Zeit auf, die andere Seite zu überzeugen, dass beide das Bestmögliche anstrebten: „So entstehen wirklich gute Kompromisse. Weil sich dann beide als Sieger fühlen.“ Ist jedoch die Chemie „absolut inkompatibel“, ziehe sie sich auf die Sachebene zurück: „Die persönliche Befindlichkeit hat hintanzustehen.“

Was auch immer in einer Verhandlung passiert sei, sagt Meier-Martetschläger, es bliebe bei ihr unter dem Siegel der Verschwiegenheit: „So sicher wie in Fort Knox.“

Das Führungskräfteprogramm „Zukunft.Frauen“ hat das Ziel, Frauen im Topmanagement, in Vorstands- und Aufsichtsratspositionen zu etablieren und untereinander zu vernetzen. Entwickelt wurde es nach norwegischem Vorbild vom BMWFJ gemeinsam mit der WKÖ und der IV. Ab September 2014 findet der 8. Durchgang statt. Er besteht aus acht halbtägigen Themenblöcken mit Experten-Kamingespräch und Networking. Bewerbung ist bis 2. Juni unter office@zukunft-frauen.at möglich, weitere Infos auf www.zukunft-frauen.at.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.02.2014)

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