Wo sind die Milliarden der Bank versickert?

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THEMENBILD: HYPO ALPE-ADRIA-BANK KLAGENFURT(c) APA/GERT EGGENBERGER (GERT EGGENBERGER)
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Bei der Hypo Alpe Adria gibt es faule Kredite in Milliardenhöhe. Der Großteil fällt auf die Länder auf dem Balkan, wie etwa auf Kroatien. Der Durchbruch bei der Aufarbeitung der Vergangenheit blieb bislang aus.

Wien. Bei der Hypo Alpe Adria geistern verschiedene Zahlen herum. Faktum ist, dass die Bank auf eine Bilanzsumme von über 29Milliarden Euro kommt. Davon entfallen rund zehn Milliarden Euro auf die Tochterbanken in Südosteuropa. Diese sollen bis 2015 veräußert werden. Das wurde mit der EU-Kommission so vereinbart. Doch der Verkaufsprozess dürfte nicht einfach werden. Denn die Hypo ist in vielen Krisenländern tätig, wie in Bosnien und Herzegowina, Kroatien und Slowenien. Nach dem Verkauf der Südosteuropa-Töchter verbleiben beim österreichischen Staat noch 19Milliarden Euro. Wie viel davon in eine Bad Bank eingebracht werden, ist noch unklar.

In den nächsten Wochen werden die Hypo-Assets bewertet. Von den 19Milliarden Euro ist nicht alles schlecht. Statistik-Austria-Chef Konrad Pesendorfer geht davon aus, dass 13 Milliarden Euro bis maximal 19Milliarden Euro „in die Bad Bank geschoben werden“. Die Bad Bank ist auf einen sehr langen Zeitraum angelegt – die Rede ist von zehn bis 20 Jahren. In dieser Zeit wird das Hypo-Management versuchen, mit säumigen Kreditnehmern neue Rückzahlungsmodalitäten zu vereinbaren, oder es werden die Kreditsicherheiten verwertet.

Daher wird man erst nach zehn bis 20Jahren wissen, wie viel Österreich die Abwicklung der Hypo unter dem Strich kosten wird. Die Hypo hofft, dass sich die Konjunktur auf dem Balkan wieder erholt. Dann können etwa Immobilien oder andere Assets, die als Sicherheiten für Problemkredite hinterlegt wurden, besser veräußert werden.

Hat sich jemand bereichert?

Trotzdem bleiben viele Fragen offen: Wie kann eine Bank über so viele faule Kredite verfügen? Wer hat das Geld? Hat sich jemand bereichert? Nach der Verstaatlichung der Hypo Ende 2009 setzte der damalige Finanzminister, Josef Pröll (ÖVP, arbeitet jetzt für Raiffeisen), die „CSI Hypo“ ein. Pröll versprach, dass jeder Beleg in der Bank dreimal umgedreht werde. Die Vergangenheit sollte lückenlos aufgearbeitet werden. Doch die Ergebnisse sind bislang mager.

Der langjährige Ex-Hypo-Chef Wolfgang Kulterer wurde zu zwei Jahren Haft verurteilt. Dabei ging es um einen Kredit in der Höhe von etwas mehr als zwei Millionen Euro, der 2005 an die Fluglinie Styrian Spirit vergeben wurde. Hinzu kommt eine Haftstrafe von 3,5 Jahren wegen einer Vorzugsaktiencausa im Jahr 2004. Hier sollen Kulterer und andere Ex-Manager, die alle Vorwürfe bestreiten, die Bank um 5,5 Millionen Euro geschädigt haben. Zählt man dies zusammen, wurde Kulterer bislang wegen eines Schadens von 7,5 Millionen Euro verurteilt. Das sind Peanuts im Vergleich zu den vielen Milliarden, für die Österreich nun wegen der früheren Kärntner Landesbank haftet.

Anwälte und Berater verdienen

Die Hypo gab seit der Verstaatlichung viel Geld für Anwälte und Berater aus. Im Zuge der Aufarbeitung der Vergangenheit wurden bislang 85Sachverhaltsdarstellungen bei verschiedenen Staatsanwaltschaften eingebracht. Die Schadenssumme aus möglicherweise strafbaren Handlungen beläuft sich auf 900 Millionen Euro. Davon ist noch nicht alles gerichtsanhängig. Bislang hat die Hypo durch Vereinbarungen mit Kunden rund 150Millionen Euro zurückbekommen. Auch diese Beträge sind im Vergleich zu den Milliarden gering, für die jetzt der österreichische Steuerzahler aufkommen muss.

Warum haben die Ermittler nicht mehr gefunden? Eine Theorie lautet, ein Großteil der Gelder dürfte in kriminellen Kanälen verschwunden sein. Die Hypo soll auf dem Balkan leichtfertig Kredite für mehr als fragwürdige Projekte vergeben haben. Und viele Menschen sollen dabei die Hand aufgehalten haben. Doch warum gibt es keine Liste mit Betrügern, die die Hypo um Milliarden abgezockt haben? Das Problem ist, dass viele Geschäfte in einem schwer durchschaubaren Geflecht von Beteiligungsgesellschaften, Treuhändern und Unternehmen abgewickelt wurden. Die Spuren verlieren sich in Liechtenstein oder anderen Finanzplätzen.

Wolfgang Peschorn, Leiter der staatlichen Finanzprokuratur, bezweifelt, dass die Schuldigen tatsächlich zur Rechenschaft gezogen werden. Laut Peschorn seien die Vermögen einstiger Manager und Berater bis dato verschont geblieben. Und auf der Hypo-Beraterliste fänden sich viele derselben Namen wie dazumal, sagte Peschorn im November 2013 in der ORF-Sendung „Am Schauplatz“.

Möglich ist aber auch eine andere Theorie: Die große kriminelle Vorgangsweise gab es nicht. Die Hypo hat einfach auf Teufel komm raus expandiert. Gleichzeitig fehlten die Kontrollmechanismen für die Überprüfung der Kredite. Die Hypo schätzte die Risken falsch ein. Da die Kontrollsysteme fehlten, wurde die Hypo automatisch für alle möglichen Betrüger anfällig. Und die Finanzaufsicht hat geschlafen. Wie auch immer: Viele Milliarden sind jedenfalls weg.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.02.2014)

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