Studienwahl: Bin ich hier eigentlich richtig?

(c) Clemens Fabry
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Zweifel, ob man im richtigen Fach sitzt? Hat fast jeder einmal. Entscheidend ist, ob der Frust nur temporär ist, oder ob er sich durchzieht.

In Wirklichkeit ist es ja so: Nicht der (oder die) mit den Zweifeln ist unter Studierenden der Exot, sondern der, der keine hat. Wer niemals zweifelt, ob er sich tatsächlich das richtige Studienfach ausgesucht hat (oder doch nicht?), gehört zweifellos zur Minderheit. Zur reiferen, zur glücklicheren? Nicht zwingend.

Denn es ist nicht notwendigerweise ein gutes Zeichen, wenn man nie zweifelt. Oder, wie es Eva Egger-Zeidner formuliert, die sich in der Grazer psychologischen Studierendenberatung oft genau mit diesem Thema befasst: Wer zweifelt, reflektiert ja. Und es gibt wahrlich einiges zu reflektieren nach dem oder den ersten Semestern an der Uni. Passt das Studium zu mir? Ich zu ihm? Ist es womöglich völlig anders, als ich mir vorgestellt habe? Und finde ich das jetzt trotzdem gut – oder nicht? Dass da einmal jemand meinte, die Wahl des richtigen Studienfachs sei wahrscheinlich sogar wichtiger als die des Ehepartners, nimmt nicht gerade Druck heraus. (Es war übrigens der frühere Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle, der natürlich bis zum Ausflug in die Politik bei seiner Altphilologie blieb).

Tatsächlich ist die Studienwahl eine ziemlich wichtige Lebensentscheidung, irreversibel ist sie aber auch wieder nicht (genauso wenig wie die des Partners – je nachdem, wie man es mit der Institution der Ehe hält). Trennen kann man sich auch vom Studienfach. Was keineswegs eine Aufforderung zur Kurzschlussreaktion sein soll. Zunächst einmal heißt es: Ruhe bewahren. Und weiter reflektieren. Entscheidend ist, ob es sich nur um temporären Frust handelt. Oder ob sich die Unzufriedenheit durchzieht.

Durchbeißen oder trennen

Genervt, weil es einem doch nicht so leicht von der Hand geht wie erwartet? Noch keine netten Leute getroffen? Oder draufgekommen, dass Medizin/Jus/Politikwissenschaft in den ersten Semestern ziemlich wenig mit Patienten/Gerichtsverhandlungen/Weltpolitik zu tun hat – aber ziemlich viel mit Chemie und Physik, mit dem Auswendiglernen scheinbar unnützer Paragrafen oder dem Kampf um einen Seminarplatz? Praxisschock nennen die Psychologen das. Ist ganz normal. Wer wirklich unglücklich ist, sollte aber nicht zweifeln, die Scheidung einzureichen. Ein oder zwei Ehrensemester sind zumeist drin. Und die kann man später ja notfalls sogar als gesammelte Lebenserfahrung verkaufen.

Für all die fortgeschritteneren Studenten, die das das Gefühl haben, für eine Trennung sei es zu spät, gilt: Entspannt euch! Nicht zuletzt dank Bologna: Kaum etwas spricht dagegen, den Bachelor durchzuziehen und sich einen Master zu suchen, der besser zu einem passt (das machen ohnehin viel zu wenige). Und ganz allgemein kann man dann doch fast jedes Fach irgendwie mit seinen eigentlichen Interessen verknüpfen. Denn es sind längst nicht nur die paar hundert ECTS-Punkte aus dem Studium, die einen für das spätere Leben qualifizieren. Die Karrierewege sind heutzutage unergründlich. Und so vielfältig wie nie. Als promovierte Physikerin kann man immer noch Bundeskanzlerin werden. Als Mathematiker Sternekoch. Oder als Historiker Chef eines börsennotierten Unternehmens.

Der streng lineare Lebenslauf ist längst nicht mehr Pflicht. Vielfach nicht einmal mehr Kür.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.02.2014)

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