Uruguays „Kannibale“ will gegen Österreich zubeißen

Fußball-Länderspiel. Luis Suárez zählt zu den besten Stürmern der Welt, ist aber längst nicht unumstritten.

Klagenfurt. Österreichs Fußball-Nationalteam bekommt es im Testspiel am Mittwoch (20.30Uhr, live, ORF eins) im Klagenfurter Wörthersee-Stadion mit einem äußerst kontroversen Gegenspieler zu tun. Uruguays Topstar Luis Suárez gilt als einer der besten Stürmer der Welt – allerdings mit einem Faible für regelmäßige Aussetzer.

Einen Eklat lieferte der Liverpool-Profi unter anderem am 21.April des Vorjahres, als er im Spiel gegen Chelsea seinen Gegenspieler Branislav Ivanović in den Arm biss. Der Schiedsrichter sah das Vergehen nicht, der Südamerikaner durfte weiterspielen und erzielte das Tor zum 2:2-Endstand.

Die darauffolgende Welle der Empörung führte sogar so weit, dass der britische Premierminister David Cameron wegen Suárez' mangelhafter Vorbildwirkung eine harte Bestrafung forderte. Der Uruguayer wurde für zehn Partien gesperrt, versäumte dadurch die ersten fünf Premier-League-Spiele dieser Saison und führt dennoch die englische Torschützenliste mit 24 Toren in 23Matches an.

Den Spitznamen „Kannibale“ hatte sich Suárez schon vor der Attacke gegen Ivanović eingehandelt. Der damalige Ajax-Amsterdam-Stürmer kassierte eine Sieben-Spiele-Sperre, nachdem er am 20.November 2010 – kurz vor seinem 26-Millionen-Euro-Wechsel zu Liverpool – den Eindhoven-Spieler Otman Bakkal in die Schulter gebissen hatte.

Die Beißattacken würde der Südamerikaner gern rückgängig machen. „Aber das waren die einzigen Fehler, die ich als Fußballer gemacht habe. Alle anderen Dinge waren wie ein Film, von dem die Leute glauben, er sei echt“, beteuerte Suárez in Anspielung auf die Kontroverse mit Manchester Uniteds Patrice Evra.

Viel Kritik, noch mehr Tore

Unmittelbar nach dem Heimspiel von Liverpool gegen die „Red Devils“ am 15.Oktober 2011 gab Evra an, dass er von Suárez rassistisch beleidigt worden war. Der Uruguayer, der einen dunkelhäutigen Großvater hat, dementierte und erklärte, das laut Suárez nicht diskriminierende spanische Wort „negro“ nur freundschaftlich verwendet zu haben. Der englische Verband schenkte ihm keinen Glauben und sperrte den Stürmer für acht Spiele.

„Diese Entscheidung war falsch. Ich bin ohne jeden Beweis verurteilt worden“, schimpfte der Angreifer. Beim Wiedersehen mit Evra im Old Trafford am 11.Februar 2012 verweigerte Suárez dem Franzosen den traditionellen Handschlag vor Spielbeginn, was neuerlich für große Aufregung sorgte.

Auch im Nationalteam zog sich Suárez den Unmut vieler Fußballfans zu. Im WM-Viertelfinale 2010 gegen Ghana wehrte er den Ball beim Stand von 1:1 kurz vor dem Ende der Verlängerung auf der Torlinie mit der Hand ab und wurde dafür ausgeschlossen. Den anschließenden Strafstoß verschoss Asamoah Gyan, Uruguay gewann danach das Elfmeterschießen. „Ich habe die beste Abwehr des ganzen Turniers gemacht“, jubelte Suárez.

Bei der Niederlage im Semifinale gegen die Niederlande fehlte er gesperrt, im Spiel um Platz drei gegen Deutschland wurde Suárez vom südafrikanischen Publikum bei jedem Ballkontakt ausgepfiffen. In seiner Heimat aber avancierte der zweifache Familienvater zum Volkshelden, und dieser Status verfestigte sich noch durch den Gewinn der Copa América 2011, bei der Uruguays Rekordtorschütze (39 Treffer in 76 Ländermatches) zum besten Spieler des Turniers gewählt wurde.

Auch die Liverpool-Fans liegen dem streitbaren Kicker, der bei seinem Nationalteamdebüt am 8.Februar 2007 gegen Kolumbien ausgeschlossen wurde, zu Füßen. Nur im vergangenen Sommer war es mit der Zuneigung kurz vorbei – Suárez wollte den Klub verlassen, nachdem Arsenal für ihn 40 Millionen plus ein Pfund geboten hatte. Liverpool schob dem Wechsel jedoch einen Riegel vor. Nach einigen Tagen des Schmollens akzeptierte der Stürmer das Veto und zeigte sich danach so stark wie nie zuvor. Im Dezember 2013 wurde Suárez' Vertrag bis 2018 verlängert, kurz zuvor hatte er die „Reds“ gegen Tottenham erstmals als Kapitän angeführt.

Für Liverpool-Coach Brendan Rodgers ist der auf einen Marktwert von 52 Mio. Euro taxierte Suárez trotz aller Skandale ein Musterprofi. „Er ist nie verletzt, er ist nie im Behandlungsraum, und er liebt es, zu trainieren“, sagte der Nordire. Und gab zu: „An die Erfahrung, mit Luis zu arbeiten, werde ich mich mein ganzes Leben lang erinnern.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.03.2014)

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