Pseudodemokratie in Nordkorea: Kim lässt wählen

APA
  • Drucken

Die Parlamentswahl am Sonntag ist eine Farce. Diktator Kim Jong-un stellt sich erstmals einer Wahl. Alles andere als eine ZUstimmung von 99 Prozent wäre eine Sensation.

Ein Kandidat pro Wahlkreis und 100 Prozent Zustimmung: Für das stalinistische Regime in Nordkorea sind Parlamentswahlen eine sichere Sache. Kein Zweifel besteht auch diesmal wieder, dass die von der herrschenden Partei der Arbeit ausgewählten Kandidaten das Ja der Wähler erhalten, wenn am nächsten Sonntag die fast 700 Deputierten der 13. Obersten Volksversammlung gewählt werden.

Doch weniger der Ausgang des im Ausland als Farce beschriebenen Wahlgangs ist interessant. Die Wahl selbst gilt als reine Formsache. In der Obersten Volksversammlung werden Beschlüsse des Regimes de facto abgenickt, sagt ein Kommentator. "Trotzdem ist interessant, wer da abnickt." Besonders in Südkorea erhofft man sich Hinweise auf eventuelle Veränderungen im Machtgefüge.

Wahlbeteiligung von 99,98 Prozent

Einig sind sich Beobachter in der Einschätzung, dass der junge Machthaber Kim Jong-un seine Stellung durch die Wahl konsolidieren will. Die Volksversammlung ist kein Parlament im klassischen Sinn. Die offiziell alle fünf Jahre gewählte Versammlung ist zwar nominell das höchste Machtorgan. Sie tritt aber in der Regel nur ein- oder zweimal jährlich zusammen, um den Budgetplan für das laufende Jahr zu verabschieden und sich mit politischen Leitlinien zu befassen. Bei der Wahl 2009 lag die Wahlbeteiligung nach offiziellen Angaben bei 99,98 Prozent.

Es sind die ersten Wahlen seit Beginn von Kims Herrschaft vor mehr als zwei Jahren. Seit dem Tod seines Vaters Kim Jong-il im Dezember 2011 führt er in dritter Generation die Macht-Dynastie der Familie in dem weitgehend abgeschotteten Land fort.

Generationenwechsel

Seitdem stellt man sich im Ausland die Frage, ob der Sohn, der nach abweichenden Angaben erst 30 oder 31 Jahre ist, angesichts der komplexen Verflechtung von Partei, Militär und Verwaltung wirklich die Macht fest in der Hand hält. "Kim Jong-un hat eine Koalition geschaffen, die auf Parteimitglieder zentriert ist, er hat das Militär diszipliniert und einen Generationswechsel vorgenommen", schreibt der Forscher Park Young-ja vom Zentrum für Nordkorea-Studien am Koreanischen Institut für Nationale Vereinigung in Seoul.

Mit der Wahl demonstriert Nordkorea auch ein Stück Normalität. In den vergangenen Monaten hatten besonders politische Säuberungen für Unruhe gesorgt. Höhepunkt war Ende des vergangenen Jahres die Entmachtung und Hinrichtung von Kims Onkel Jang Song-thaek, der lange Zeit als die graue Eminenz des Regimes gegolten hatte. Jang war mit einer Schwester von Kim Jong-il verheiratet.

Stärken und Schwächen des Regimes

Seit der spektakulären Hinrichtung gibt es zwei Theorien. Die eine besagt, dass Kim stärker geworden sei, weil er sich des Mentors entledigt und sich damit quasi freie Hand geschaffen habe. Eine andere Lesart ist jedoch, dass die Hinrichtung auch die Schwächen Kims und seines Regime offenbart habe. Die südkoreanische Regierung warnte jedenfalls vor der Gefahr einer größeren Instabilität im Nachbarland.

Die Ankündigung der Wahl im Jänner selbst sei keine Sensation gewesen, sagt der Projektleiter der deutschen, FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung in Seoul, Lars-Andre Richter. Damit folge Kim dem vorgeschriebenen Fünf-Jahres-Rhythmus. Parlamentswahlen in Nordkorea wurden in der Vergangenheit schon einmal auf längere Zeit verschoben.

"Interessant ist es zu sehen, ob einige jüngere Leute aus seinem (Kims) Umfeld dabei sind", sagt Richter. "Wen dem so ist, nutzt Kim die Chance der Neuwahl, um Leute unterzubringen." Damit habe Kim ein Organ mehr, das seine Position stütze. Wie schon sein Vater kandidiert Kim auch selbst. Er ließ sich im symbolträchtigen Wahlkreis "Paektu-Berg Nummer 111" registrieren. Der als heilig verehrte Berg Paektu gilt in Nordkorea unter anderem als Symbol der Kim-Dynastie.

(APA/DPA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.