Formel 1: Die Gelassenheit der Silberpfeile

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Beim Saisonauftakt in Melbourne gilt Mercedes nach überzeugenden Testfahrten als Topfavorit, Sportchef Toto Wolff lehnt diese Rolle aber ab. Auch Lewis Hamilton stapelt gehörig tief.

Melbourne. Die Rolle ist neu, so richtig annehmen will sie das Mercedes-Team aber noch nicht. Die Silberpfeile starten am Wochenende beim GP von Melbourne als Favoriten in die Formel-1-WM. „Vom Speed her sind wir vorn dabei, vielleicht sogar ganz vorn. Aber wir sind noch kein Rennen gefahren“, stapelte Motorsportchef Toto Wolff tief. Doch nach den Testergebnissen ist ersichtlich, dass sein Team über das bessere Auto verfügt und auch Ferrari sich anschickt, Red Bull vom Thron zu stoßen.

Dennoch, alle Vertreter der Silberpfeile üben sich trotz starker Ergebnisse bei Ausfahrten in Jerez und Bahrain in Zurückhaltung. „Wir dürfen nicht durch die rosarote Brille schauen und denken, wir zerstören hier alle“, fügte Wolff hinzu. Dieser Zugang sei falsch, vieles habe sich bei den Teams in den vergangenen Wochen verändert, vor allem im Techniksektor. Entscheidend sei es, im ersten Rennen die Zielflagge zu sehen, behauptet der 42-jährige Wiener. Das dürfte zum Auftakt aufgrund des komplexen neuen Reglements vielen Teams nicht gelingen.

Motor und Motivation

Seit dem Abgang von Ross Brawn mit Ende des Vorjahres ist Wolff nicht nur Motorsportchef von Mercedes, sondern de facto Teamchef– gemeinsam mit dem Engländer Paddy Lowe. Als Türöffner und Überwacher fungiert der dreifache Weltmeister Niki Lauda in seiner Rolle als Aufsichtsratsvorsitzender. Man habe sich vom Mitläufer zum WM-Anwärter gemausert, ja, dem konnte Wolff zustimmen. Mercedes profitiert auch von der Motorlastigkeit des neuen Reglements. Der Antriebsstrang ist den Modellen von Ferrari und Renault überlegen. Doch deren Belastbarkeit unter Rennbedingungen, sagt Wolff, sei nie vollends geprüft worden.

Besonderes Augenmerk soll in dieser Saison den Fahrern zuteil werden. Ferrari fährt mit dem vermeintlichen „Dream-Team“, neben Fernando Alonso startet der Finne Kimi Räikkönen, aus der Boxenstraße. Red Bull vertraut Sebastian Vettel und dem Australier Daniel Ricciardo, der aus dem Toro-Rosso-Team „aufsteigen“ konnte. Mercedes setzt auf die bewährte Paarung Lewis Hamilton und Nico Rosberg. Sie kennen einander seit über einem Jahrzehnt, fuhren gemeinsam Kart. „Auch da sind wir schon Erster und Zweiter gewesen, das war nie ein Problem“, betonte Hamilton. „Die Formel 1 ist ein hartes Geschäft, aber wir gehen respektvoll und freundschaftlich miteinander um.“ Rosberg bezeichnete das Verhältnis als „neutral, freundschaftlich, aber auch kompetitiv“. Zu seiner Hochzeit kommenden Juli hat er den Teamkollegen aber nicht eingeladen.

In die Rolle des WM-Favoriten lässt sich Hamilton, Weltmeister von 2008, jedenfalls nur ungern drängen. „Es sind doch so viele gute Fahrer da draußen“, betonte Hamilton. Wolff geht jedoch davon aus, dass es im Lauf der Saison zu Duellen seiner beiden Piloten kommen wird. „Wir haben nicht nur zwei der schnellsten, sondern auch zwei intelligente Fahrer. Aber wir sind hier, um Rennen zu fahren. Sie werden also auch gegeneinander fahren.“

Massa denkt an Schumacher

Felipe Massa, der Brasilianer dreht nun im Williams-Team seine Runden, geht beim Saisonauftakt in Melbourne mit den Initialen von Michael Schumacher auf dem Helm an den Start. „Ich denke jeden Tag an ihn, ich bete jeden Tag für ihn“, sagte Massa. Zuvor hatte er über Twitter Fotos seines mit den Initialen MS verzierten Helms verbreitet. Er hoffe, „dass alles wieder in Ordnung kommt“, sagte Massa, der bei Ferrari früher Schumachers Teamkollege war.

Der siebenfache Formel-1-Weltmeister stürzte am 29.Dezember im Skigebiet Méribel in den französischen Alpen zwischen zwei markierten Pisten und schlug mit dem Kopf auf einen Felsen auf. Er wurde mit einem lebensgefährlichen Schädel-Hirn-Trauma in die Universitätsklinik von Grenoble gebracht, wo er wochenlang im künstlichen Koma lag. Inzwischen haben die Ärzte die Aufwachphase des 45-Jährigen eingeleitet, die aber noch lange nicht abgeschlossen ist. Am Mittwoch hat sich Schumachers Familie „zuversichtlich“ über seine Genesungschancen geäußert.

AUF EINEN BLICK

Die Formel 1 geht am Samstag in Melbourne mit einem neuen Qualifying-Format in die Saison 2014. Das Finale der Top Ten (Q3) wurde auf Kosten des ersten Abschnittes (Q1) um zwei auf zwölf Minuten verlängert. Dazu erhält jeder Fahrer für Q3 einen zusätzlichen Satz der schnelleren Reifenmischung. Diesen muss er nach der Session wieder zurückgeben. Die neue Regelung soll die Zeit auf der Strecke erhöhen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.03.2014)

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