Der "flache Pfad" von Janet Yellen

(c) Reuters (LARRY DOWNING)
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Janet Yellen, die neue Chefin der US-Notenbank, will im Frühjahr 2015 die Zinsen anheben. Die Börsen reagieren mit Kursrückgängen. Wie heikel ist die Lage wirklich?

New York/Wien.Sie kam, sah, sprach und die Kurse brachen ein: Janet Yellens erster Auftritt als Chefin der US-Notenbank Federal Reserve nach einer Zinssitzung war vor allem eines: anders als die Beobachter es von ihrem Vorgänger Ben Bernanke gewohnt waren. Yellens Hauptbotschaft: Die Zinswende kommt – wenn alles so weitergeht wie bisher – schon 2015.

Deswegen gingen die Aktienkurse auch zurück, denn hohe Zinsen bedeuten teureres Geld. Yellens konkrete Botschaft: „Etwa sechs Monate“ sollen vergehen zwischen dem für Herbst dieses Jahres geplanten Ende der monatlichen Konjunkturstützen (Quantitative Easing, QE) und der ersten Anhebung der Leitzinsen vom derzeitigen Rekordtief (quasi null Prozent).

Botschaft geht unter

Diese Anhebung der Zinsen soll laut Yellen aber auf einem „flachen Pfad“ erfolgen – also nur sehr langsam vonstattengehen. Konkret soll das Zinsniveau bis Ende 2015 auf 1,0 Prozent steigen. Die fallenden Aktienkurse dürften in diesem Sinn von Yellen auch erwünscht sein – immerhin muss es ihr lieber sein, wenn die Märkte eine Zinserhöhung jetzt schon einpreisen, statt im konkreten Fall zur Talfahrt anzusetzen. Auf den zweiten Blick dürfte Yellen von der negativen Marktreaktion aber dennoch überrascht worden sein. Denn während der Zeitrahmen für höhere Zinsen (sechs Monate nach dem Ende von QE) die Nachrichten unmittelbar nach Yellens Auftritt dominierte, ging die eigentliche Botschaft der Fed ein bisschen unter.

Yellen kündigte nämlich erstmals an, dass die Fed, auch wenn Arbeitsmarktdaten und Inflation normale Levels erreicht haben, weiterhin auf niedrige Zinsen setzen will. Anders gesagt: Die Zinsen werden zwar steigen, aber langsamer, als die wirtschaftliche Erholung vor sich geht. Einen bisher entscheidenden Maßstab hat Yellen gleich mal abgeschafft. Ihr Vorgänger Ben Bernanke hatte die Geldpolitik von der Arbeitslosenrate abhängig gemacht und ein Ziel von 6,5 Prozent ausgegeben. In Zukunft soll das aber nicht mehr gelten – oder anders gesagt: Die Fed will sich die Möglichkeit nicht nehmen lassen, trotz einer deutlich besseren Lage auf dem Arbeitsmarkt weiterhin niedrige Zinsen festzulegen.

Aber zumindest hat Yellen jetzt ihre Marschroute bekannt gegeben. Ihre Aufgabe ist trotz einer sich langsam erholenden Wirtschaft in den USA nicht einfach. Erstens hat diese Erholung durch zuletzt durchwegs enttäuschende wirtschaftliche Daten einen Rückschlag einstecken müssen.

„Massive Blase an Wall Street“

Und zweitens sitzen Yellen und ihre Federal Reserve inzwischen auf einer Bilanz, die auf rund vier Billionen Dollar (rund drei Billionen Euro) aufgebläht ist. Das ist der Effekt von Quantitative Easing. Zur Stützung der Wirtschaft kauft die Fed monatlich US-Staatsanleihen und Immobilienpapiere mit frisch gedrucktem Geld. Dieses Programm wird seit einigen Monaten reduziert und ist inzwischen bei 55 Mrd. Dollar monatlich angekommen. Die Gefahr: Niemand weiß, wie bedeutend diese Geldschwemme für den Aufschwung an den Börsen konkret war.

Einige Beobachter wie David Stockmann, der ehemalige Budgetdirektor von US-Präsident Ronald Reagan, meinen, man könne die Bedeutung von QE für die Aktienmärkte kaum überschätzen. „Da wird eine massive Blase an der Wall Street aufgeblasen“, sagte Stockmann dem Finanzsender CNBC. Das Geld der Fed hätte nur den „Banken und Spekulanten“ geholfen – die langsame Erholung der Wirtschaft wäre auch ganz ohne Quantitative Easing geschehen, so Stockmann.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.03.2014)

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