Deutschland: Ökostrom-Reform beschlossen

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Nach monatelangem Ringen um Strompreisrabatte, ist es am Dienstag zu einer Einigung zwischen deutscher Regierung und EU-Kommission gekommen: Privilegien der Industrie werden weniger eingeschränkt als gedacht.

Im Streit um die Ökostrom-Förderung für deutsche Konzerne gibt es eine Einigung: Die EU und die Bundesregierung haben sich auf einen Kompromiss geeinigt und eine Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) beschlossen, um den zuletzt starken Anstieg der Strompreise in Deutschland zu drosseln.

Die EU hatte die Ermäßigungen von jährlich über fünf Milliarden Euro auf die Ökostrom-Umlage für große Teile der Industrie als unerlaubte Beihilfe gewertet. Sie hat deswegen auch ein Verfahren gegen Deutschland eingeleitet. Die derzeit rund 2100 privilegierten Unternehmen verbrauchen etwa die Hälfte des Industriestroms in Deutschland.

In Deutschland stammten im vorigen Jahr rund 25 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energien. An erster Stelle stand die Windkraft mit 53,4 Milliarden Kilowattstunden oder 8,4 Prozent der gesamten Stromerzeugung. Dahinter folgten Biomasse (6,7 Prozent), Photovoltaik (4,7 Prozent) und Wasserkraft (3,4 Prozent).

Bis 2025 sollen in Deutschland nach den Vorgaben des Wirtschaftsministeriums 40 bis 45 Prozent und 2035 dann 55 bis 60 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Quellen stammen.

Folgende Änderungen wurden verabschiedet:

  • Neue Umlage-Regelung

Regierungskreisen zufolge sollen insgesamt 65 Branchen jetzt 15 Prozent der eigentlich fälligen Umlage zur Ökostrom-Förderung zahlen. Zuvor waren 20 Prozent vorgesehen. Darunter sind die Stahl-, Chemie- und die Zementindustrie.

Die Umlage wird aber nur bis zu einer Obergrenze von vier Prozent der Bruttowertschöpfung fällig, sprich des Wertes der produzierten Waren abzüglich Vorleistungen. Bisher hatte die Kommission eine Grenze von fünf Prozent verlangt.

Für besonders energieintensive Branchen, wie Aluminium oder Kupfer, soll die Kappung bei maximal 2,5 Prozent liegen. Hier hat die Regierung aber Spielraum ausgehandelt. Für einzelne Branchen kann die Grenze auf bis zu 0,5 Prozent der Wertschöpfung sinken. Dies richtet sich dann nach Energie- und Handelsintensität. Details sollen in den nächsten Wochen festgelegt werden.

  • Ökostrom-Ausbau wird eingeschränkt

Der Ausbau von Windenergie soll gebremst werden. Weil Wind bald ohne Zuschüsse auskommen werde, da es bereits so kostengünstig ist, ist folgende Änderung in Planung: Künftig sollen pro Jahr Windräder mit einer Kapazität von maximal 2500 Megwatt neu ans Netz gehen - das entspreche zwei großen Atomkraftwerken. Die Förderung soll auf 2500 Megawatt neuer Kapazität pro Jahr begrenzt werden. 

Bei der Biomasse wird der Zubau auf 100 Megawatt begrenzt, was darüber hinaus geht, wird nicht mehr gefördert. Bei Windparks auf hoher See wird das Ausbauziel jetzt auf 6500 Megawatt statt 10.000 Megawatt bis 2020 begrenzt.

  • Rabatte für die Industrie

Mit der Ökostrom-Umlage wird in Deutschland die Differenz zwischen dem Marktpreis für Strom und den hohen garantierten Einspeisevergütungen für den Ökostrom aus Wind oder Sonne finanziert. Sie liegt derzeit bei 6,24 Cent pro Kilowattstunde. Die Rabatte für die Industrie bewirken, dass die übrigen Stromkunden mehr bezahlen müssen.

Zuvor hatte die Industrie bereits im Kampf mit dem Bund um eine stärkere Beteiligung an den Kosten der Energiewende Erfolge verzeichnet: So sollte die Stromerzeugung aus eigenen Kraftwerken, die bisher von der Ökostrom-Umlage komplett befreit ist, künftig zumindest teilweise belastet werden.

Zunächst verzichtete die Regierung dann aber weiter auf die Umlage bei bestehenden Kraftwerken. Im Kabinettsentwurf des Gesetzes ist nun auch für Neuanlagen von Handel und Gewerbe nur noch die Hälfte der Umlage vorgesehen. Die Industrie muss sogar nur maximal 15 Prozent zahlen.

  • Eigenstromverbrauch

Wer Ökostrom selbst verbraucht hat, musste bislang keine Ökostromumlage zahlen. Obwohl Gabriel im Jänner angekündigt hatte, dass alle Selbsterzeuger künftig eine Mindest-Umlage zahlen müssen, wurde die Idee nicht angenommen. Unternehmen, die sich selbst mit Kraftwerken versorgen, würden von der Ökostromumlage befreit bleiben. Lediglich für Neuanlagen soll es künftig eine Abgabe geben.

Die genauen Details will Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) am Mittwoch bekanntgeben. Über den Gesetzentwurf müssen jetzt Bundestag und Bundesrat beraten. Im August soll das Gesetz in Kraft treten.

(APA/dpa/sule)

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