Schröder: Vom Gegner im Krieg zum "Freund Serbiens"

Nicht immer ein Freund Serbiens gewesen: Deutschlands Ex-Kanzler Gerhard Schröder
Nicht immer ein Freund Serbiens gewesen: Deutschlands Ex-Kanzler Gerhard SchröderREUTERS
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1999 führte er Deutschland in den Krieg der Nato gegen Serbien. 15 Jahre später präsentiert sich Ex-Kanzler Gerhard Schröder als vehementer Fürsprecher der EU-Integration des Landes.

Da mag manch einem im Publikum dann doch der Atem gestockt haben, als der Mann hinter dem Rednerpult von jenen sprach "die es gut mit diesem Land meinen", und keinen Zweifel daran ließ, dass er sich selbst dazuzählt: Gerhard Schröder, ehemaliger sozialdemokratischer Bundeskanzler Deutschlands von 1998 bis 2005, und damit auch zu der Zeit, als die Nato 1999 im Kosovo-Krieg mehrere Monate lang Serbien bombardierte.

Derselbe Gerhard Schröder stand nun am Donnerstag bei wechselhaftem Belgrader Aprilwetter im Innenhof einer Galerie im Nobelviertel Dedinje und eröffnete gemeinsam mit Serbiens vor dem Aufrücken an die Spitze stehenden Vizepremier Alexandar Vucic das "Forum Serbien Deutschland". Das ist ein Verein, der die deutsch-serbischen Beziehungen in allen Bereichen voranbringen soll, gerade auch in Richtung von Belgrads EU-Ambitionen (im Jänner hat Serbien ja die Warteschleife verlassen und die Beitrittsverhandlungen mit Brüssel beginnen können).

"Serbien ist Stabilitätsanker am Balkan"

"Die europäische Einigung ist ohne den Westbalkan nicht komplett", sagte Schröder und versprach, als wäre er noch im Amt, dass Deutschland Serbien "auf dem nicht leichten Weg" unterstützen werde, und zwar nicht nur mit Worten, sondern auch mit Taten. "Für Deutschland ist Serbien das Schlüsselland auf dem Balkan", erklärte Schröder, und hatte noch eine Steigerung parat: "Serbien ist heute ein konstruktiver Akteur und Stabilitätsanker auf dem Balkan". In dem Zusammenhang streute er auch seinem Gastgeber Vucic Rosen.

Der will im Gespräch mit der "DiePresse.com" die Ereignisse von 1999 ruhen lassen (er war, besonders delikat, zu dieser Zeit Informationsminister). Auf die Frage, wie er zu Schröders Wandel denn stehe, meinte Vucic: „Ich tue mein bestes, um nicht in der Vergangenheit, sondern in der Gegenwart zu leben - und für die Zukunft zu arbeiten". Man schätze es wirklich sehr, was Schröder da heute gesagt habe, vor allem seine Unterstützung für Serbiens EU-Annäherung.

Serbiens Vizepremier Alexandar Vucic, der das
Serbiens Vizepremier Alexandar Vucic, der das "Vize" bald ablegen wirdREUTERS

"Ich habe viel von den wirtschaftlichen Reformen gelernt, die Schröder in Deutschland ins Werk gesetzt hat", meinte Vucic und drückte die Hoffnung aus, dass man die Unterstützung des deutschen Ex-Kanzlers auch bei den künftigen Herausforderungen des Landes haben werde: "Und es gibt keinen Zweifel, dass Serbien große Herausforderungen vor sich hat."  Unaufgeregt, reformfreudig: So hatte sich Vucic auch in seiner Rede präsentiert, ein Bild, an dem er seit geraumer Zeit feilt.

Ruzica Djindjic ist das Bindeglied

Der künftige Premier, der seine ersten politischen Funktionen ja noch unter dem Autokraten Slobodan Milosevic ausübte (damals noch als führendes Mitglied der Radikalen Partei), gibt sich heute geläutert und als verlässlicher Partner des Westens. Da passte es auch gut, dass zu Beginn der Veranstaltung Ruzica Djindjic das Wort ergriff, die Witwe des 2003 ermordeten Reformpremiers Zoran Djindjic, und wie Vucic Ehrenmitglied beim neuen deutsch-serbischen Forum.

Ruzica Djindjic auf einem Archivbild anlässlich eines Österreich-Besuchs
Ruzica Djindjic auf einem Archivbild anlässlich eines Österreich-BesuchsAPA

Sie ist auch das Bindeglied zu Gerhard Schröder, denn der hatte Djindjic einst einen "persönlichen Freund" genannt und auch nach dessen Tod den Kontakt zu Witwe Ruzica nicht abreißen lassen. Am Donnerstag dankte sie dem Ex-Kanzler für seine "Freundschaft zu Serbien und seinen Bürgern". Und so stand Ruzica Djindjic einträchtig neben Alexander Vucic, jenem Mann also, der noch 2007 aktionistisch gegen die Umbenennung einer Straße in Novi Beograd in "Bulevar Zoran Djindjic" protestiert hatte, indem er Plakate mit der Aufschrift "Bulevar Ratko Mladic" klebte. Mittlerweile legt Vucic an Djindjics Grab Kränze nieder. Wie sich die Zeiten ändern.

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