Feiertage: Das Ende des Fastenmarathons

Fasten, Ostern, Orthodox
Fasten, Ostern, Orthodox(c) REUTERS (AMMAR AWAD)
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Heuer fällt das orthodoxe Osterfest mit dem der Westkirchen zusammen. Für die Gläubigen in Serbien ist Ostern vor allem ein Familienfest mit kulinarischen Genüssen.

Belgrad. Die ausgebeinten Osterlämmer auf den Märkten künden auf dem Balkan den Beginn der ausgelassen zelebrierten Feiertage an. Den Eigenheiten der Julianischen Zeitrechnung haben die Ostkirchen den eigenen Ostertermin zu verdanken, der in diesem Jahr ausnahmsweise mit dem der Westkirchen zusammenfällt. In ganz Südost- und Osteuropa warten vor allem die Gläubigen sehnsüchtig auf das große Eieressen – und kalorienreiche Festgelage: Denn mit Ostern endet für sie eine entbehrungsreiche Fastenzeit.

Das wichtigste Kirchenfest im Leben praktizierender orthodoxer Christen gestaltet sich auch im traditionsbewussten, aber keineswegs sonderlich religiösen Serbien als eher langer Marathon. Wie Ostern erlebt und gefeiert werde, hänge von der eigenen Verbundenheit mit der Kirche ab, sagt Djordjina Trubarac Matic, Mitarbeiterin im ethnografischen Institut in Belgrad: „Die Gläubigen feiern, weil zu Ostern der Tod überwunden wird. Die anderen freuen sich über die freien Tage, das gute Essen – und den Beginn des Frühlings.“ Im Vergleich zum 40-tägigen Fasten vor Weihnachten sei das 46 Tage währende Osterfasten „wesentlich strenger“, so die Wissenschaftlerin. Schon zum Auftakt darben die Gläubigen einen Tag nur bei Wasser – ohne Brot. Vermehrte Kirchgänge und Gebete werden in den kommenden sieben Wochen mit einem radikal zusammengestrichenen Speisezettel garniert.

Fleisch und Alkohol sind genauso tabu wie Milchprodukte und eierhaltiges Gebäck. Nur an zwei der 46 Fastentage lockert Fisch den eintönigen Speiseplan auf. Speiseöl ist nur am Wochenende erlaubt. Wirtshäuser buhlen um gläubige Kunden mit speziellen Fastenspeisekarten. Supermärkte bieten fastengerechte Backwaren und Lebensmittel an.

Kein Streit, kein Sex

Doch nicht nur beim Essen ist Entsagung angebracht: Flüche und Streitigkeiten sollen vermieden, auf Sex soll verzichtet werden. Die Fastenzeit diene dazu, sich der eigenen Schwächen bewusst zu werden und ihnen zu widerstehen, erläutert Matic: „Man lebt einfach bewusster als sonst.“

Die oft noch auf heidnische Frühjahrsriten zurückführenden Vorostertraditionen variieren in der orthodoxen Welt von Land zu Land – und manchmal selbst von Dorf zu Dorf. Spätestens am Palmsonntag beginnt aber der fröhlichere Teil des Osterfests. Die in der Kirche geweihten Weidenzweige, die sich die Kinder um die Köpfe winden, symbolisieren die Palm- und Olivenwedel, mit denen Jesus in Jerusalem begrüßt wurde. Die kleinen Glöckchen um ihren Hals künden von dessen Ankunft.

Das große Eierfärben beginnt in den meisten orthodoxen Ländern am Gründonnerstag, in Serbien erst am Karfreitag. Ob kunstvoll mit Wachsbatik verziert, mit Zwiebelschalen oder mit gekauften Eierfarben gefärbt: Viele Familien decken sich fast mit einem ganzen Jahresbedarf an Eiern ein. In Serbien erhält das erste, oft rot gefärbte Ei einen Ehrenplatz: Bis zu seiner Ablösung am Karfreitag des nächsten Jahres wird das „Hüterei“ über das Wohl des Hauses wachen. Es trocknet bei intakter Schale von innen aus.

Cevapcici und Alkohol

Von den Gläubigen wird ein Teil der Eierpracht zur Mitternachtsmesse getragen, die in der Nacht zum Sonntag den Beginn des Osterfests einläutet. Zu Ostern steigt dann das bei Kindern populäre Eierpecken: Wessen Eischale bricht, hat verloren.

Zwei Tage schwelgen nach der Fastenzeit nicht nur gläubige Serben in ausgiebigen Osterngelagen. Man lädt ein – und wird geladen. Genussvoll werden dabei nicht nur die geliebten Cevapcici-Berge vertilgt und mit dem lange versagten Alkohol hinuntergespült. Auch unzählige Osterlämmer werden geschlachtet und beim großen Fest verzehrt.

HINTERGRUND

Dass Ostern von allen 2,3Mrd. katholischen, evangelischen und orthodoxen Christen am selben Tag gefeiert wird, ist rar. Seit dem 16. Jahrhundert folgen östliche und westliche Kirchen unterschiedlichen Kalendern: Nach dem Julianischen Kalender richten sich die orthodoxen, orientalisch-orthodoxen und byzantinisch-unierten Kirchen, nach dem von Papst Gregor XIII. reformierten Gregorianischen Kalender die Katholiken und Evangelischen. Die Ostertermine können bis zu fünf Wochen auseinanderliegen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.04.2014)

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