Salzburger Haus der Natur: Schau über eigene NS-Historie

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Wie das Naturkundemuseum von Nazi-Raubzügen profitierte: Zum 90. Geburtstag arbeitet das Haus der Natur seine Vergangenheit auf.

Salzburg. Es ist eine Geschichte, über die Jahrzehnte geschwiegen wurde: Das Salzburger Haus der Natur mit rund 300.000 Besuchern pro Jahr eines der führenden Naturkundemuseen im deutschsprachigen Raum und sein Gründer Eduard Paul Tratz haben eine braune Vergangenheit. Das Haus war in der Zeit des Nationalsozialismus Teil der SS-Wissenschaftsorganisation „Das Ahnenerbe“.

Tratz war SS-Mitglied und als „Ahnenerbe“-Abteilungsleiter aktiv an Enteignungen sowie Kunstraub-Aktionen zugunsten seines Museums beteiligt. „Die Klärung der fragwürdigen NS-Vergangenheit ist lange angestanden“, sagte Museumsdirektor Norbert Winding anlässlich der Eröffnung einer Sonderschau über die Geschichte des Museums in der Ära Tratz, die mit einer kurzen Unterbrechung nach dem Krieg von 1924 bis 1976 andauerte. Ein auf mehrere Jahre angelegtes Forschungsprojekt beendete das Wegschauen.

„Die Untersuchungen haben gezeigt, dass das Haus der Natur auf einer visionären Gründung fußte“, sagte Winding. Aber: „Es bleibt eine bittere Tatsache, dass das Haus der Natur nicht nur eine Mitläuferorganisation gewesen ist, sondern aktiv Schwerpunkte im Sinne der NS-Rassenideologie gesetzt hat.“ Der Salzburger Historiker Robert Hoffmann und seine deutsche Kollegin Susanne Köstering haben die Ära Paul Tratz untersucht. Der Museumsgründer wollte ein an den Reformideen der damaligen Zeit orientiertes Naturkundemuseum errichten. 1924 konnte Tratz seine Idee eines „Museums für darstellende und angewandte Naturkunde“ in der Hofstallgasse im heutigen Festspielbezirk realisieren. Nach dem Anschluss ans Dritte Reich sah Tratz, der vorher politisch nicht aktiv war, seine große Chance.

„Er hat vom ersten Tag an versucht, die Gunst der Machthaber für sein Museum zu nützen“, berichtete Hoffmann. SS-Hauptsturmführer Heinrich Himmler besuchte das Haus der Natur, was schließlich zur Integration des Salzburger Museums in das „Ahnenerbe“ führte. Das Haus wurde personell und finanziell gut ausgestattet, es profitierte von den Raubzügen der Nazis. Mit den gestohlenen Objekten entstanden neue Ausstellungsteile, wie der Eiszeitbereich oder eine Schau über die außereuropäische Tierwelt.

Fokus „Rassenbiologie“

Ein „rassenbiologischer Saal“ wurde neu eingerichtet, ganz im Sinne der Machthaber. Eine Tibetschau war das Ergebnis einer von der SS finanzierten Expedition. 1945 wurde Tratz verhaftet und im Lager Glasenbach interniert. Nach zwei Jahren wurde er als „minderbelastet“ entnazifiziert und übernahm 1949 das Haus wieder. In der Öffentlichkeit sei das Bild eines „unermüdlich und selbstlos im Dienste seines Lebenswerks arbeitenden Mannes gepflegt worden“, sagte Hoffmann. Tratz galt als angesehener Salzburger Bürger, 1963 wurde ihm die Ehrenbürgerschaft der Stadt verliehen. Die Bürgerliste verlangt die Aberkennung dieser Ehrung für den 1977 Verstorbenen. Die geraubten Sammlungsbestände hat man an die ursprünglichen Eigentümer zurückgegeben. Das Museum plant nun ein Symposium und ein Buch. Man sei das erste naturkundliche Museum, das seine NS-Geschichte so gründlich beleuchtet habe, sagt Winding.

www.hausdernatur. at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.04.2014)

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