Sozialminister Hundstorfer sieht drohende Klagen gegen Einschnitte bei Sonderpensionen gelassen. Auch Richter- und Staatsanwälte lehnen weitere Einbußen durch neues Gesetz strikt ab.
Wien. Holt sich die Bundesregierung bei ihrer gesetzlichen Beschneidung von Sonderpensionen eine blutige Nase? Der verantwortliche Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) lässt sich selbst vom schweren juristischen Geschütz, mit dem Betroffene der Kürzungen in der Wirtschaftskammer jetzt im Zuge der Gesetzesbegutachtung auffahren, nicht beirren. „Wir müssen das durchziehen, wir werden das durchziehen“, betonte er am Montag vor Journalisten.
Gestaffelte Kürzungen bis zu 25Prozent der Zusatzpensionen ab 4350 Euro monatlich etwa von Altpolitikern, Ex-Mitarbeitern von Kammer- und Sozialversicherung stoßen bei Betroffenen auf Widerstand. Wirtschaftskammer-Bedienstete bekämpfen den Entwurf als verfassungs- und EU-rechtswidrig („Die Presse“ berichtete in der Montagsausgabe).
Der Sozialminister hatte naturgemäß keine Freude, dass die Debatte um die Sonderpensionen am Montag einen gemeinsamen Auftritt mit den SPÖ-EU-Spitzenkandidaten Eugen Freund und Evelyn Regner in der SPÖ-Zentrale störte. Dabei ging es um eine Ausweitung der Beschäftigungsprogramme auf EU-Ebene. Die Bedenken gegen die Begrenzung der „Superpensionen“ (Hundstorfer), von der rund 9600 Personen betroffen sein werden, haben ihn nicht überrascht: „Dass das Thema enorme Emotionen auslösen wird, habe ich schon vor fünf Wochen erzählt.“ Er sehe das „wirklich sehr entspannt“. Betroffene stoßen sich unter anderem auch daran, dass Einnahmen aus dem Sonderpensionsbeiträgen, die zur Kürzung der Pensionen führen, an Kammer und einbezogene Unternehmen geht und für das Budget Steuereinnahmen wegfallen.
Senioren mit Gegenforderung
Die Beschränkung gilt auch für Ex-ORF-Mitarbeiter. Freund, der Ende 2013 als „ZiB“-Moderator in den Ruhestand gegangen ist, erklärte, er habe noch nicht ausgerechnet, ob und in welchem Ausmaß er betroffen sei. Ob er die Regelung für sinnvoll halte? „Ehrlich gesagt, habe ich mir darüber noch nicht den Kopf zerbrochen.“
Von der Vereinigung der Richter und Staatsanwälte wird der Entwurf „strikt abgelehnt“. Denn der öffentliche Dienst leiste bereits einen Beitrag zur Budgetsanierung. Wiederholt habe man neben Nulllohnrunden nicht kaufkrafterhaltende Gehaltsabschlüsse hinnehmen müssen, so die Begründung.
Der Seniorenrat, die Dachorganisation der Pensionistenvertreter, gibt seiner Stellungnahme zum Gesetzesentwurf eine andere Stoßrichtung. Er verlangt, dass im Gegenzug zum neuen Beitrag für hohe Sonderpensionen der seit Jahren geltende Extrabeitrag für pensionierte Beamten mit Pensionen bis zur ASVG-Höchstpension von gut 3000 Euro brutto wegfallen soll. Dieser Beitrag macht bis zu gut drei Prozent aus, die automatisch von der Bruttopension abgezogen werden. Mit der Forderung sind die Seniorenvertreter von SPÖ und ÖVP in der Vergangenheit bei der Bundesregierung wegen des Sparkurses stets abgeblitzt.
Zu den Budgets 2014 und 2015 versicherte Hundstorfer, dass es im gesetzlichen Bereich keine zusätzlichen über die schon beschlossenen Maßnahmen, darunter die Verschärfung für Hacklerfrühpensionen, geben werde. Obwohl Finanzminister Michael Spindelegger angekündigt hat, er sei dagegen, statt Einsparungen auf Rücklagen zurückzugreifen, will der Sozialminister einen Teil der Mittel genau so aufbringen.
Mehr EU-Geld für die Jugend
Beim Thema der Pressekonferenz bekräftigten die drei SPÖ-Vertreter, dass in der EU Mittel im Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit von den bisher acht auf 21 Milliarden Euro erhöht werden müssten. Das Geld dafür soll auch aus der seit Langem angekündigten Finanztransaktionssteuer kommen. In der EU sei der Sparkurs zu strikt. (ett)
AUF EINEN BLICK
Sonderpensionen. Bis 6.Mai ist der Gesetzesentwurf des Sozialressorts in Begutachtung: Es sollen hohe Zusatzpensionen in 27 Institutionen (darunter Notenbank, Sozialversicherung, ORF, Kammern) per Sonderpensionsbeitrag bis zu 25 Prozent gekürzt werden. Es gibt verfassungs- und EU-Rechtsbedenken, der Sozialminister hält am Plan fest.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.04.2014)