Mein Montag

Obstknödel schmecken am besten ohne Obst

Wenn im Marillenknödel doch nur keine Marille drin wäre …
Wenn im Marillenknödel doch nur keine Marille drin wäre …Stefanie Oberhauser/picturedesk.com
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Wenn hinter der süßlichen Hülle aus Zucker die säuerliche Fratze einer Zwetschke hervorlugt.

Die größte Enttäuschung ist, wenn es ein Dessert gibt – und dann ist es etwas mit Obst. Eine Süßspeise lebt schließlich davon, dass sie aus Süßem besteht. Und Obst ist nun einmal, sagen wir, anders süß als Schokolade oder Marzipan. Ein kandierter Apfel ist nichts anderes als ein Etikettenschwindel, weil hinter der süßen Fassade halt einfach nur ein ganz banaler Apfel steckt. Und Obstknödel sind auch nur Tarnen und Täuschen, weil unter der süßlichen Hülle aus Zucker, Bröseln und Topfenteig doch nur die säuerliche Fratze einer Marille oder einer Zwetschke lauert.

Apropos, was sollen eigentlich Zwetschkendatschi sein? Auch wieder so ein Wort, das man verwendet, während man eigentlich keine Ahnung hat, was es bedeutet. Etymologisch kommt die Zwetschke, die in einigen Gegenden auch Zwetschge genannt wird, von einem romanischen Wort, nämlich davescena bzw. damascena. Das bedeutete so viel wie „Frucht aus Damaskus“, wo sie ursprünglich herkam. (Von Damascena zu Zwetschke ist es sprachlich allerdings ein ziemlich weiter Weg, finden Sie nicht auch?) Ja, und Datschi? Nun, das ist eine Bezeichnung für breiige oder sonst weiche Lebensmittel. Dahinter steckt Datsch, das Geräusch, das man macht, wenn man etwas hinklatscht oder breitdrückt. Es ist übrigens verwandt mit der Tetschen – der Ohrfeige. Und auch das Tätscheln, die liebevollere (oder manchmal auch plumpe) Version des Körperkontakts, hängt damit zusammen.

Dass es sich jedes Mal wie eine Tetschen anfühlt, wenn man ein Dessert mit Obst serviert bekommt, ist insofern nur folgerichtig. Aber gut, da muss man sich halt durchkämpfen. Zuerst die Früchte mit einem verwegenen Ausdruck hinunterwürgen. Hat man das hinter sich gebracht, kann man sich der tatsächlichen Süßspeise widmen. Also etwa Kuchenteig, Eis oder Schokolade – halt dem echten Dessert.

E-Mails an: erich.kocina@diepresse.com

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