Sportgeschichte

50 Jahre „Battle of the Sexes“: Billie Jean Kings wichtigstes Match

Auf der Sänfte in Richtung Sportgeschichte: Billie Jean King zieht 1973 in den Astrodome von Houston ein.
Auf der Sänfte in Richtung Sportgeschichte: Billie Jean King zieht 1973 in den Astrodome von Houston ein. Getty
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Heute vor 50 Jahren spielte Billie Jean King im Battle of the Sexes gegen einen „männlichen Chauvinisten“. Ein denkwürdiges Schauspiel, das weit über den Sport hinaus wirkte.

New York. Michelle Obama war auch nach knapp einem halben Jahrhundert noch entrüstet. In ihrer Laudatio auf Billie Jean King erinnerte die frühere First Lady der Vereinigten Staaten jüngst an das aufsehenerregende Duell der Tennis-Ikone mit einem selbst erklärten „männlichen Chauvinisten“.

„Es gab Leute wie Bobby Riggs, die lächerliche Aussagen gemacht haben wie: ‚Frauen gehören ins Schlafzimmer und in die Küche – in dieser Reihenfolge‘“, sagte die Ehefrau des ehemaligen US-Präsidenten Barack Obama Ende August bei den US Open vor 24.000 Zuschauern im Arthur Ashe Stadion, der größten Tennisarena der Welt. „Das waren seine exakten Worte, ob Sie es glauben oder nicht.“

Nicht nur der erfolgreiche Kampf von King um gleiches Preisgeld für Frauen beim Grand-Slam-Turnier in New York jährte sich dieses Jahr zum 50. Mal. Im selben Jahr stieg zwischen King und Riggs auch der sogenannte Battle of the Sexes, der Kampf der Geschlechter, der einen wichtigen Schritt auf dem Weg zur Gleichberechtigung im Tennis und im Sport allgemein darstellte.

Anfang der 1970er-Jahre kämpften viele Spielerinnen darum, wie ihre männlichen Kollegen bezahlt zu werden. Als King 1972 für ihren Sieg bei den US Open 10.000 US-Dollar und damit weniger als halb so viel wie Herren-Champion Ilie Năstase erhielt, drohte sie mit einem Boykott für das folgende Jahr. 

King hatte keine Wahl

Bobby Riggs, früherer Weltranglistenerster und US-Open- und Wimbledonsieger (je 1939), forderte daraufhin im Alter von 55 Jahren die Topspielerinnen heraus. Aus seiner Sicht waren Männer grundsätzlich überlegen und gleiche Preisgelder damit ungerechtfertigt. King lehnte zunächst ab. Margaret Court, damals die Nummer eins der Welt, willigte ein – und kassierte mit 2:6, 1:6 eine krachende Niederlage, die als „Muttertagsmassaker“ in die Geschichte einging. „Nun musste ich gegen ihn spielen“, schreibt King im Buch „Trailblazers“ zur Geschichte des Damentennis. „Ich hatte keine Wahl.“

Sexistische Sprüche und doch gutmütig in der Niederlage: Bobby Riggs.
Sexistische Sprüche und doch gutmütig in der Niederlage: Bobby Riggs.Getty

Das Aufeinandertreffen vor mehr als 30.000 Zuschauern am 20. September 1973 wurde als große Show inszeniert. Vier Männer mit nacktem Oberkörper trugen King in einer Sänfte in den Astro­dome von Houston, Riggs kam in einer Rikscha und präsentierte eine gelbe Jacke mit der Aufschrift „Sugar Daddy“. Es ging um 100.000 US-Dollar, für King stand aber mehr als das Geld auf dem Spiel. „Ich dachte, dass es uns 50 Jahre zurückwerfen würde, wenn ich das Match nicht gewinne“, erinnert sie sich. „Es würde die Damen-Tour ruinieren und das Selbstwertgefühl aller Frauen beeinflussen.“

Im Match aber war Riggs überfordert, King sah ihren Gegner schnell nach Luft schnappen – die damals 29-Jährige gewann 6:4, 6:3, 6:3. Allein in den USA sahen mehr als 50 Millionen Menschen zu, weltweit wurde die Zuschauerzahl auf 90 Millionen Menschen geschätzt. Kein Tennismatch hatte seither höhere Einschaltquoten.

»Billie Jean war einfach zu stark für mich. Sie war zu schnell in den Ballwechseln. Ich dachte oft, ich habe sie, aber ihr gelangen die Shots.«

Bobby Riggs

Gerüchte, dass er absichtlich verloren und auf seine eigene Niederlage gewettet habe, um damit Spielschulden bei der Mafia zu begleichen, verneinte Riggs noch kurz vor seinem Tod 1995. „Viele Menschen, besonders Männer, mögen es nicht, wenn Frauen gewinnen. Sie erfinden Geschichten“, spottete King über derartige Spekulationen. „Es ist hart für ihre Egos.“ Der Tennis-Kampf der Geschlechter ging auch in die Popkultur ein. 2017 wurde der Battle of the Sexes mit Emma Stone und Steve Carell in den Hauptrollen verfilmt. 

Auch während ihres Auftritts bei einer Gala der Tennis-Ruhmeshalle in Manhattan zum Abschluss der US Open erinnerte King noch einmal an dieses denkwürdige Ereignis. „Der Battle of the Sexes bedeutet mir sehr viel, weil ich wusste, dass es um sozialen Wandel geht. Es ging nicht um Tennis“, sagte die 79-Jährige. „Frauen konnten keine eigene Kreditkarte bekommen. Title IX war im Jahr vorher verabschiedet worden, und ich habe hart für Title IX gekämpft.“ 

Dieses Gesetz besagt, dass niemand in den USA wegen seines Geschlechts von der Teilnahme an Bildungsmaßnahmen ausgeschlossen werden darf, die vom Bund gefördert werden. Seit der Verabschiedung stieg die Zahl an Frauen im Hochschulsport exorbitant an. 

»Seit diesem Tag, als ich elf Jahre alt und nicht auf einem Foto erlaubt war, weil ich keinen Tennisrock anhatte, wusste ich, dass ich den Sport verändern will. «

Billie Jean King

Auch im Tennis war King mit ihrem Kampf erfolgreich. 1973 führten die US Open als erstes Grand-Slam-Turnier gleiches Preis­geld für Frauen ein, die weiteren drei großen Turniere folgten im Lauf der Jahre (Wimbledon führte 2007 als letztes Major die gleiche Bezahlung ein).

Heute ist Kings Vermächtnis bei den US Open, jenem Turnier, das sie insgesamt 13 Mal im Einzel, Doppel und Mixed gewann, deutlicher denn je zu spüren. Seit 2006 heißt die Anlage in Flushing Meadows „Billie Jean King National Tennis Center“, der Jubel, wenn sie winkend von ihrem Platz auf der Ehrentribüne eingeblendet wird, ist lauter als für alle Popstars. Auch in dem Moment, als Cori Gauff nach dem Finaltriumph ihren Scheck über drei Millionen US-Dollar entgegennahm, sich zum Mikrofon beugte und in Richtung von King sagte: „Danke, Billie, dass du dafür gekämpft hast.“ (joe/DPA)

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