Humanitäres Engagement

Der Mensch im Fokus, in Zeiten wachsender Not

Amrita Böker, Leitung VinziWerke
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Amrita Böker leitet seit zwei Jahren die VinziWerke. Nach dem Tod von Pfarrer Pucher führt sie mit ihrem Team dessen Werk fort.

Amrita Böker schaut da hin, wo es weh tut. Wo es so unangenehm ist, wo Menschen in einem so schlechten Zustand sind, wo Lebenslagen aussichtslos scheinen, Schicksale so tragisch, dass man leicht wegschaut. Es sind Obdachlose, oft suchtkrank, psychisch krank, die bei den Einrichtungen der VinziWerke Hilfe suchen – aber auch viele, die nach außen hin nicht auffallen. Wie eine Frau, die dieser Tage bei ihr in Graz im Koordinationsbüro stand: alleinerziehend, krebskrank, das Konto so leer, dass sie ihre kleinen Kindern ohne Jause zur Schule schicken musste.

Amrita Böker ist seit zwei Jahren Koordinatorin der VinziWerke, damit leitet sie die 40 Notschlafstellen, Dauer-Quartiere und andere Einrichtungen in Graz, Wien und Salzburg. Zu den VinziWerken ist Böker, Salzburgerin, Jahrgang 1991, Pädagogin, in Wien gekommen, wo sie Sozialmanagement studiert hat: Bei der Mitarbeit im damals neuen VinziDorf. „Es war die Werthaltung, die mich begeistert hat“, sagt sie. „Pfarrer Pucher hat immer gesagt: Wir haben kein Konzept, der Mensch ist unser Konzept. Das war für mich ein Umdenken, weg vom Schubladendenken. Man nimmt die Menschen, wie sie sind, das macht die Arbeit so schön.“

Schnell, direkt und unbürokratisch zu helfen – mit dem Blick auf jeden Einzelnen, der kommt: Diese Haltung hat VinziWerke-Gründer, Pfarrer Wolfgang Pucher, über Jahre geprägt. Im Juli ist er verstorben. Auch, wenn die Leitung der Einrichtungen längst andere über hatten, bleibe er präsent. „Was würde Pfarrer Pucher tun? Das ist eine Frage, die wir uns im täglichen Handeln oft stellen“, sagt Böker. „Ich bin mir sicher, dass er von oben auf uns schaut.“

Aber nun ist eine neue Generation am Werk. „Pfarrer Pucher wurde oft als so etwas wie das soziale Gewissen bezeichnet, das war er. Auch wir werden laut sein, aufzeigen, wo hingeschaut werden muss.“

Die VinziWerke kämen nun in eine neue Phase, sagt sie. Und der Bedarf, die Not sei groß. „Großen Themen sind etwa die Teuerung, Alleinerziehende, die von Armut betroffen sind, versteckte Obdachlosigkeit bei Frauen“, sagt Böker. Die tägliche Arbeit erschwere auch, dass es seit Corona schwieriger geworden sei, Ehrenamtliche zu finden. In den Sozialmärkten steige die Zahl der Kunden, während von Supermärkten weniger Waren kommen. Auch bei den Spenden, gerade bei den vielen Kleinspendern, merke man, dass viele enger kalkulieren müssen, für Spenden nichts übrig bleibt.

„Wir reden noch nicht von einem Spendeneinbruch, aber wir brauchen eine Gesellschaft, die mit offenen Augen und Ohren durch die Welt geht, die nicht wegschaut, auch wenn jemand riecht, wenn es jemandem nicht gut geht. Die Frage: Was brauchst du? Einfache Dinge, ein Getränk aus dem Supermarkt mitnehmen, das gibt Menschen Würde. Das ist, was ich im VinziDorf gelernt habe“, sagt Böker. Und, dort helfen, wo Hilfe gebraucht wird: Den eingangs erwähnten Kindern Schul-Ausstattung und Lebensmittel über den VinziMarkt zu organisieren, oder, wie dieser Tage selbst mit dem VinziBus mitzufahren, das sei, was sie motiviere, täglich weiterzumachen. (cim)

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