Vor den Vorhang

Marilies Jagsch: Jedes Lied beginnt mit „I am“

Sängerin Marilies Jagsch nennt sich jetzt Maiija.
Sängerin Marilies Jagsch nennt sich jetzt Maiija.Michèle Yves Pauty
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Marilies Jagsch nennt sich nun Maiija und feiert mit ihrem Album „I Am“ ein großes
Comeback. In ihren Liedern spricht sie mutig auch unangenehme Dinge an. 

Am Cover steht der Name MAIIJA in Großbuchstaben gedruckt. Was auf den ersten Blick so fremd und neu aussieht, ist die neue Chiffre für eine altbekannte Künstlerin, die in den vergangenen Jahren, in denen die österreichische Popmusik auch international erblühte, seltsamerweise verschwand.

Die Rede ist von Marilies Jagsch, jener mittlerweile 38-jährigen, gebürtigen Oberösterreicherin, die 2008 mit ihrer Liedersammlung „Obituary For A Lost Mind“ großen Eindruck machte und nach einem weiteren Album anscheinend verstummte. Ganz so war es aber nicht. „Es gab Phasen, da gab es keine Zeit für Musik, aber grundsätzlich ist sie nie aus meinem Leben verschwunden“, sagt sie im Gespräch mit der „Presse“.

In die zweite Reihe zurück

Mit der Band „Vienna Rest In Peace“ habe sie noch zwei Alben herausgebracht. Allerdings trat sie da in die zweite Reihe zurück. War hauptsächlich Gitarristin und zuweilen zweite Stimme. Anderen den Vortritt bei der großen Expression zu lassen, das tat sie auch bei der amerikanischen Theatergruppe Saint Genet, für deren Performances sie die Musik ausheckte. Dann arbeitete sie noch als Lektorin. Jetzt aber, nach einer Pause von 13 Jahren nach ihrem letzten Soloalbum, war es wieder so weit. Jagsch präsentiert auf dem Label Noise Appeal Records ihr Konzeptalbum „I Am“.

Warum aber unter neuem Namen? „Weil es ein Neuanfang für mich ist. Die Musik hat sich nicht komplett verändert, es sind immer noch Elemente drin, mit denen ich früher gearbeitet habe. Aber mir war wichtig, alles in ein neues Gewand zu stecken. Eigentlich ist es ja immer noch mein Name. Es ist eine Art Akronym aus meinem Namen Marilies Jagsch. Die zwei I zwischen ,Ma‘ und ,Ja‘ sehe ich als Trennstriche. ,Maja‘ würde ich es aussprechen.“

Was jedes Lied braucht

Ihre neue Musik ist melodiös und fragil, kammerspielartig und strikt kapitalismuskritisch. „Bei meiner letzten Arbeit sind die Arrangements im Bandkontext entstanden, was ja auch schön ist, aber dieses Mal war es mir wichtig, dass ich meine eigene Vision umsetzen kann. Und ganz genau drauf höre, was jedes einzelne Lied braucht.“

Bei der Umsetzung half ihr Peter Paul Aufreiter von der Band Hearts Hearts. „Die Wiener Szene ist recht klein. Man kennt schnell alle Beteiligten. Es war ein ziemlich schwieriger Prozess, zu entscheiden, auf wen ich zugehen will. Bei den Sachen, die ich mir von Aufreiter angehört habe, bekam ich das Gefühl, dass es da eine Gemeinsamkeit gibt, was Musikgeschmack betrifft. Das war mir am Wichtigsten. Er hat mich sehr gut ergänzt, bei Dingen, die ich nicht so gut kann.“

Das Ich ist austauschbar

Die Idee, die alles zusammenhält, die stammt allerdings von Maiija selbst. „Das Album heißt ,I Am‘. Jeder Song beginnt mit ,I am‘. Das mutet vielleicht egozentrisch an, aber es geht darum, zu zeigen, dass dieses Ich austauschbar ist. Ich spiele mit dem Konzept des lyrischen Ich. Das Ich schlüpft bei mir in verschiedenste Rollen. Mir ging es darum, Zustände zu beobachten und darüber Geschichten zu verfassen.“

Einer der Schlüsselsongs nennt sich „I am consumed“. Er zeigt sich skeptisch, wenn es darum geht, den Kräften zu entgehen, die uns mehr oder weniger treiben. „Ich habe mich gefragt, was es bedeutet, wenn Konsum und Effizienz unser Leben bestimmen. Was ich beschreibe, ist eigentlich eine kollektive Depression, aber auch ein Emanzipierungsprozess von einem System, das den Wert eines Menschen rein an seinem ökonomischen Nutzen misst.“

Liebe nach Angebot und Nachfrage

Das Video dazu hat kein Geringerer als Andreas Spechtl von der Band Ja, Panik realisiert. Der Text lässt nichts an Klarheit vermissen, wenn es darum geht, auch zu zeigen, dass selbst die Liebe nach den Gesetzen von Angebot und Nachfrage funktioniert. „Read me, I’m blank, ready to be charged with your demands“, heißt es da etwa. 

Kann sich Maiija tatsächlich eine Gesellschaft vorstellen, die nicht leistungsorientiert ist? „Schwer, aber manchmal möchte ich an Utopien glauben.“

Auf einen Blick

Maiija aka Marilies Jagsch wurde 1984 in Linz geboren. Die Singer-Songwriterin hatte 2008 ihr Debüt mit dem Album „Obituary For A Lost Mind“. Danach arbeitete sie als Theatermusikerin und Lektorin. Ihr neues Album „I Am“ (Noise Appeal Records) erscheint am 15. September. Produziert hat sie es mit Peter Paul Aufreiter von Hearts Hearts. Mit dabei sind etwa Cellist Lukas Lauermann und Violinistin Emily Stewart. Am 27. Oktober wird sie im Radiokulturhaus ihr Album vorstellen. Am 24. November tritt sie beim Blue Bird Festival im Porgy & Bess auf.

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