Expedition Europa

Wer kann den Armeniern noch helfen?

Journalisten warten vor dem Gebäude in Nagorno-Karabach, wo am 21. September 2023 Gespräche zwischen Vertretern von Aserbaidschan und Armenien stattfanden.
Journalisten warten vor dem Gebäude in Nagorno-Karabach, wo am 21. September 2023 Gespräche zwischen Vertretern von Aserbaidschan und Armenien stattfanden.IMAGO/Mikhail Voskresenskiy
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Expedition Europa: Ich traf Armine Martirosjan, die Anfang September Aufsehen erregte, weil sie Russland als „Armenien feindlich gesinntes Land“ bezeichnet hatte. Jetzt hofft sie auf Frankreich.

Noch am Wochenende sprach ich in Jerewan mit einer Gegnerin der Orien­tierung Armeniens hin zu seiner traditionellen Schutzmacht Russ­land sowie mit einem prorussischen Intellektuellen. Parallel dazu wur­de unter ­„genauer Beobachtung“ des Kremls in Armenien ein Mili­tär­ma­nö­ver mit 85 amerikanischen und 175 armenischen Uni­for­mierten durch­geführt, am Dienstag um 13 Uhr brach Aserbaidschan den drit­ten Krieg um die abtrünnige Armenier-Republik Berg-Ka­ra­bach los, und bereits am Mittwoch um 13 Uhr versprach Karabach das Nie­der­le­gen seiner Waffen.

Ich ahnte nicht, dass es so schnell gehen würde, als ich am sonnenbeschienenen „Frankreich-Platz“, im mit großen grünen Trauben und mächtigen gelben Pfirsichen ausgelegten Jerewan, zwei entgegengesetzte Pole des armenischen Russland-Diskurses traf. Die Journalistin Armine Martirosjan hatte Anfang September mit einem Kommentar Aufsehen erregt, in dem sie Russland – mit vier Milliarden Dollar Aserbaidschans größter Waffenlieferant – als „Armenien feindlich gesinntes Land“ bezeichnete. Russland wolle seine 2000-Mann-Friedenstruppen gar nicht in Karabach halten, sondern stattdessen die südarmenische Region Sjunik in ein „extraterritoriales schwarzes Loch unter Kontrolle des FSB“ verwandeln. Aserbaidschan fordert einen Korridor durch Sjunik, um seine Exklave Nachitschewan und seinen Partnerstaat Türkei zu erreichen.

Putin laut zu kritisieren wage man in Karabach nicht

Martirosjan, die für westlich finanzierte Medien schreibt, wartete zitierend mit einer originellen Begründung für die „russisch-türkische Allianz“ auf: „Der gesamte Präsidialapparat der Russischen Föderation besteht aus Turkologen.“ Das Gespräch mit Armine Martirosjan wurde bewegend – denn sie war aus Karabach. Fast alle ihre Verwandten lebten noch dort, kamen seit der am 12. Dezember 2022 begonnenen Blockade nicht raus und Armine nicht zu ihnen rein, und sie fragte den Gast aus Europa fast schon flehend, wer den Armeniern jetzt noch helfen kann. Sie selbst sah die aktivste Unterstützung in Frankreich. Alle ihre Karabacher Verwandten sähen Russland „als Land, das im Interesse Aserbaidschans handelt“. Putin laut zu kritisieren wage man dort nicht, „denn der FSB legt Listen an“.

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