In den 1920er-Jahren entdeckten die Österreicher das Reisen und damit die Bahn. Franz-Josefs-Bahnhof, 1925.
Jubiläum

Zügig durch die Geschichte Österreichs: 100 Jahre ÖBB

Im 19. Jahrhundert wurden die Weichen für ein österreichisches Eisenbahnnetz gestellt, zwei Weltkriege zerstörten es. Über die vielen Krisen von Österreichs Bundesbahnen, die gerade Geburtstag feiern und froh gestimmt in die Zukunft blicken.

Der große Louis Armstrong ging 1955 auf Österreich-Tournee, mit der Bahn. Während der Fahrt übermannte ihn plötzlich der Hunger, und so stieg er an der nächsten Station aus, um sich ein paar Würstel zu kaufen. Es war Attnang-Puchheim. Der Zug fuhr natürlich ohne ihn ab, und der große Meister des Jazz stand mutterseelenallein am Perron. Seiner unfreiwilligen Fahrtunterbrechung widmete der Kabarettist Gerhard Bronner 1956 ein Lied, den „Bundesbahn-Blues“. Man fragt sich, ob es ein Zufall war, dass eine Straße in der Nähe des Wiener Hauptbahnhofs nach Bronner benannt wurde. 

Als der Song geschrieben wurde, war der Begriff Bundesbahn erst 33 Jahre alt, heuer feiert er den Hunderter, und in zwei Jahren wird die ganze Welt daran denken, dass in England vor 200 Jahren das erste Mal eine Dampflokomotive mit 36 angehängten Waggons hypernervöse Menschen transportierte. Was dann folgte, war wie ein Goldrausch.

Wer baut das Eisenbahnnetz, wer betreibt es? Und das wiederum heißt: Wer scheffelt Kapital, wenn es gut geht, und wer trägt das Defizit, wenn nicht? Die Diskussion beschäftigte Österreich ab 1837, als der erste Zug zwischen Floridsdorf und Wagram ein neues Zeitalter eröffnete. Nun wurde schneller und günstiger transportiert, mit Dampf starteten die Industrialisierung und die Gründerzeit. Bankhäuser und die Millionäre, denen sie gehörten, wie die Rothschilds, sahen hier ein einträgliches Geschäft, die Österreicher lernten am Beispiel der Bahn den Kapitalismus kennen und kauften Eisenbahnaktien. Den Gewinn bei der Verkehrserschließung des Landes den Privaten zu überlassen, war eine politische Entscheidung. Der finanzschwache Staat war froh, dass die potenten Geldgeber das übernahmen, und verhinderte nur die ärgste Monopolisierung.

Verstaatlichung durch k.k.

Volkswirtschaftliche Interessen passten freilich nicht in das Renditedenken. Verkehrspolitik: Zählte sie nicht doch eher zu den Aufgaben des Staates? 1884 wurden daher durch Verstaatlichung die k. k. österreichischen Staatsbahnen gegründet und das Volk, das über die Kapitalisten gemurrt hatte, war enttäuscht: Der Tarif war genauso hoch wie bei den privaten. Aber nun waren die wichtigsten Bahnen in Staatsbesitz. 46.000 Kilometer umfasste das gesamte Eisenbahnnetz 1914, nur das deutsche und das russische waren größer, davon blieben nach dem Zerfall der Monarchie für die Republik knappe 6000 übrig. K. k. hatte ausgedient, es blieben die Österreichischen Staatsbahnen. Ihre erste Aufgabe war der Rücktransport der geschlagenen Truppen von den Kriegsschauplätzen und der Abtransport der kaiserlichen Familie ins Exil.

STATIONEN

1837 Erste Zugfahrt Floridsdorf–Wagram

1884 Verstaatlichungswelle: K. K. Staatsbahnen

1923 Gründung der Österreichischen Bundesbahnen (BBÖ, dann ÖBB)

1938 Übernahme durch die Deutsche Reichsbahn

1992 Umwandlung in Kapitalgesellschaft

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