Ryder Cup

Die neuen Popstars des Golfs

Das Objekt der Begierde auf dem Marco Simone Golf & Country Club in Rom: Der Schwede Ludvig Åberg.
Das Objekt der Begierde auf dem Marco Simone Golf & Country Club in Rom: Der Schwede Ludvig Åberg.Reuters / Phil Noble
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Erfolg ist vergänglich, auch der Glanz von Golf-Ikonen verblasst, vor allem wenn sie für Saudiarabien spielen. Also strahlten Shootingstars beim Ryder Cup in Rom der Schwede Ludvig Åberg.

Wer in Rom zum Ryder Cup wollte, der seine 44. Auflage im großartigen Golfklub Marco Simone im Nordosten der Metropole zelebrierte, kam schon beim Aussteigen aus dem Bus nicht mehr aus dem Staunen. Riesige Posterwände verdeckten Zäune wie Tribünen mit plakativ fett gedruckten Namen und Fotos der größten Momente dieses Events. Darren Clarkes Chip am 16. Loch, mit dem er Tiger Woods und Jim Furyk bei den Fourballs 2006 besiegte. Oder Jamie Donaldson, Tommy Fleetwood, Francesco Molinari und viele andere.

Wer an so einer Ahnengalerie vorbeischreitet und Augenblicke der Sportgeschichte durch seinen Kopf laufen lässt, bemerkt schnell, dass manch einer der ganz großen fehlte oder deren Fotos gar erst am Ende des Weges, ja: geradezu versteckt, auftauchten. Wer also Sergio García, Lee Westwood und Ian Poulter suchte, musste gut zu Fuß sein auf dem 350 Hektar großen, hügeligen Terrain. Warum, dieses Trio war doch mit Team Europa und dessen Erfolgen eng verbunden? War. Sie gelten jetzt als Geächtete, als „Rebellen“. Sie spielen auf der von Saudiarabien finanzierten LIV-Serie.

Viktor Hovland und Ludvig Aberg, Europas Erfolgsteam
Viktor Hovland und Ludvig Aberg, Europas ErfolgsteamAPA / AFP / Paul Ellis

Die Teamgeister, die ich rief

Während Europa klar auf Siegkurs lag gegen die USA bei der 44. Auflage dieses Klassikers, blieben Größen der Vergangenheit weggesperrt. Ist in Österreich das Phänomen der Verklärung endlos und werden Legenden sogar Sünden verziehen, werten Golfprofis anders. Dabei, keiner hat in der Geschichte des Ryder Cups öfter gespielt als Westwood, García hat mehr Punkte gewonnen als jeder andere. Das Trio hat 117 Partien abgeschlagen, 68,5 Zähler errungen. Ein Blick zurück, als Vergleich: Europas Stars hatten vor dem triumphalen ersten Tag (6,5:1,5) zusammen 84 Spiele gespielt mit 42 Punkten.

Im Ryder Cup geht es um Teamgeist, Gegenwart und Zukunft. Im Team Europa vollzog sich eine Wachablöse, neue Profis drängen nach. Schneller, als Ikonen recht sein mag. Aber dem Sport und seinen Fans gefällt es. Puncto Teamgeist und Form hakte es gewaltig im Team USA. Brooks Koepka ist der einzige Amerikaner, der nicht auf der PGA-Tour auftritt, sondern seit 2022 für die LIV-Serie brilliert. Das Spiel hat er nicht verlernt, bei allen Majors schaffte er den Cut, die PGA Championship gewann er sogar. Jetzt spielte er zum vierten Mal für Team USA –2021 besiegte er Bernd Wiesberger –, erlebte aber in Rom eine Premiere: aus „logistischen Gründen“ musste er alleine anreisen. Eine fadenscheinige Ausrede, die Diskrepanzen aufzeigte, aber kaschierte, dass das Gros der Equipe von Zach Johnson seit der „Tour Championship“ am 27. August kein Turnier mehr gespielt hatte.

Aberg beim Putt am siebenten Loch.
Aberg beim Putt am siebenten Loch.APA / AFP / Andreas Solaro

Du junger Schwede!

Umso erfreulicher war der Blick ins Areal, das an diesem Wochenende 300.000 Besucher in Rom begrüßte und nebst Hole-in-One (Norweger Viktor Hovland im Training, „Albatros“ am fünften Loch, Par 4), Länderspiel-Flair mit Signalhupen und Chorälen für den Dänen Nicolai Höjgaard auch einen jungen Schweden in den Vordergrund drängte, der mit Spiel und Aura dafür sorgt, dass die Fanszene verrückt spielt. Der Druck auf Ludvig Åberg war enorm. Der Vergleich hinkt auch keinesfalls: der 23-Jährige aus dem südschwedischen Eslöv ist der neue Popstar des Golfs. Fans kreischen, drängen um Autogramme. Und, er schafft es, dass manch Bewunderer bei seinem Anblick kollabiert. In Rom war das einmal live zu sehen. Das hatte fürwahr „New Kids on the Block“-Dimensionen, wie im grellen Pop-Business eben. Jetzt braucht er aber noch traumhaftere Schläge.

Der eloquente Schwede zieht wie ein Komet über die Golfplätze dieser Erde. Er ist erst seit wenigen Monaten Profi, gewann davor zweimal den Hogan-Award als bester College-Spieler und schulte Können wie Auftreten an der Texas Tech University. Auf der PGA-Tour stellte sich der Erfolg schnell ein. In den ersten zwei Monaten landete Åberg viermal in die Top 25 und gewann in Crans-Montana schließlich auch prompt sein erstes Turnier.

Golf, für ihn ein Spaziergang

Der 1,91 Meter große Modellathlet, „der fast Fußballer geworden wäre“, bewegt die Massen und sein Geschick im Fourball, im Skandinavier-Doppel mit Hovland, ließ staunen. Das Duo ließ den Amerikanern Homa/Harman einfach keine Chance. Kapitän Donald hatte ihn in Europa begleitet, beobachtet, weil er vom Italiener Molinari „empfohlen“ worden war. Schlag, dessen Klang, die Flugbahnen, Donald hätte lange weitergeschwärmt und musste sich doch kurzfassen, weil die Aufstellung für den Finaltag drängte. Golf zu spielen, sagte er, „ist für Åberg ein Spaziergang.“ Darum war einer, der erst seit wenigen Monaten Profi ist – und noch kein Major absolviert hat –, im Team und manch anderer, der seit Jahren konstant mitspielt, eben nicht.

Die größte Stärke der neuen, jungen Golfer-Generation ist ihre Gelassenheit auf dem Platz. Schreie und Signalhupen gehören dazu, über 200 Meter weite Abschläge oder feinfühlige Putts sind Standard, Teamgeist Pflicht. Weil neue „Typen“ wie Åberg, Hovland und für Österreicher eben auch Sepp Straka dabei sind, fragt keiner mehr nach denen, die einmal da waren. Oder, jetzt eben noch besser bezahlt woanders spielen. Wer sie trotzdem sucht, musste in Rom weit gehen. Über mehr als sieben Hügel.

Sepp Straka beim Foursome in Rom.
Sepp Straka beim Foursome in Rom.APA / Georg Hochmuth

Ryder Cup

2023
treten beim prestigeträchtigsten Golf-Kontinentalvergleich von Europa und den USA Europa (Kapitän Luke Donald), Jon Rahm (ESP), Rory McIlroy (NIR), Viktor Hovland (NOR), Tyrrell Hatton, Matt Fitzpatrick, Tommy Fleetwood, Justin Rose (alle ENG), Robert MacIntyre (SCO), Sepp Straka (AUT), Shane Lowry (IRL), Nicolai Höjgaard (DEN) und Ludvig Aberg (SWE) für Europa an.

Trophäe
Die Ryder-Cup-Trophäe wurde vom englischen Saatguthändler Samuel A. Ryder bei Mappin & Webb Co. in Auftrag gegeben, die die Trophäe für 250 Pfund anfertigte.

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