Theaterkritik

Wokeness im Fieberwahn: „Nebenwirkungen“ im Burgtheater

Tolle Charakterstudien, passgenau zum Zeitgeist (von links): Regina Fritsch, Lilith Häßle, Markus Hering, Maximilian Pulst und Zeynep Buyraç.
Tolle Charakterstudien, passgenau zum Zeitgeist (von links): Regina Fritsch, Lilith Häßle, Markus Hering, Maximilian Pulst und Zeynep Buyraç.Burgtheater / Matthias Horn
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Die deutschsprachige Erstaufführung von Jonathan Spectors „Die Nebenwirkungen“ unter der Regie von Jan Philipp Gloger hat tolle Charaktere, einen eindeutigen Höhepunkt sowie eine längere Phase ermatteter Rekonvaleszenz.

Die Bühne des Burgtheaters ist richtig groß. Um sie mit einem Sesselkreis fast vollständig auszufüllen, braucht es mindestens fünf Dutzend Stühle. Da hätte dann das gesamte Ensemble des Hauses Sitzgelegenheiten. Solch einen überdimensionierten Kreis ließ Bühnenbildnerin Marie Roth am Samstag aufstellen, für Jonathan Spectors Kammerspiel „Die Nebenwirkungen“. Das Signal ist eindeutig: Ein zutiefst demokratisches Symbol für Kommunikation unter Gleichrangigen wirkt hier in seiner Übertriebenheit lächerlich. Also muss es sich um eine Komödie handeln, die allzu viel Wunschdenken dekonstruiert.

Sogleich wird dieser Kreis auch schon wieder abgebaut. Die Darsteller kommen auf die Bühne und räumen die Sessel nach hinten, nehmen auf den verbliebenen fünf Platz. An der Rückwand, auf einer ebenfalls gigantischen Tafel steht: „Willkommen im Schuljahr 2018/19“. Ein Blümchen ist daneben hingezeichnet. Die Agierenden hier sind ein Schulrat – der Direktor und vier Elternvertreter. Sie stellen Typen dar, die jeder kennt. Wer Kinder hat und jemals einen Elternabend besucht hat, ahnt vielleicht: Wahrscheinlich entspreche auch ich einem dieser Klischees.

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