Asylwesen

Österreich schiebt wieder vermehrt in den Irak ab

Der Protest gegen die Abschiebung von drei Schülerinnen nach Georgien bzw. Armenien sorgte 2021 für große Proteste (Symbolbild).
Der Protest gegen die Abschiebung von drei Schülerinnen nach Georgien bzw. Armenien sorgte 2021 für große Proteste (Symbolbild). APA / Christopher Glanzl
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Österreich hat ein Rückführungsabkommen mit dem Irak abgeschlossen. Eine NGO und engagierte Bürger berichten bereits von Irakern, die nun vermehrt in Schubhaft kommen und abgeschoben werden. Am Dienstag soll ein Charterflug abheben. Das Innenministerium will dazu partout nichts sagen. Warum nicht?

Es war bis jetzt nur eine Notiz am Rande: Vor knapp drei Wochen, Mitte September 2023, hat Österreich seine Botschaft in der irakischen Hauptstadt Bagdad wieder eröffnet. Nach 32 Jahren. Ebenfalls bekannt wurde damals, dass Österreich bereits ein Rückführungsabkommen mit Bagdad geschlossen hat. Der Irak nimmt damit eigene Staatsbürger zurück, die in Österreich keine Möglichkeit für einen legalen Aufenthalt erhalten.

Solche Rückführungsabkommen sind für Asylbescheide relevant. Denn wird ein Antrag negativ beschieden, kann der Asylwerber in der Regel nur in sein Herkunftsland zurückgeführt werden, wenn ihn sein Herkunftsland auch wieder nimmt – und das Land auch als sicher gilt. Das ist in vielen Fällen aber nicht so. Von Politik und Bevölkerung werden zwar Abschiebungen immer gerne als Problemlösung für zu viele Flüchtlinge gefordert. In der Praxis kann damit aber nur ein kleiner Teil der Menschen außer Landes gebracht werden.

„Mindestens 20 Personen festgenommen...“

Nun dürfte das Abkommen in Österreich aber offenbar schlagend werden. So berichteten Aktivisten der Gruppe „En Commun – Zwangsräumungen verhindern“, dass in der vergangenen Woche eine Vielzahl an irakischen Staatsbürgern festgenommen und ins Anhaltezentrum Rossauer Lände gebracht worden seien. „Wir wissen von mindestens 20 Personen, die festgenommen wurden. Manche von ihnen leben seit fast zehn Jahren in Österreich. Uns rufen junge Menschen an, deren Eltern auf einmal abgeschoben werden. Auch gibt es einen Fall, wo der negative Asylbescheid seit Jahren zurückliegt, den müsste man eigentlich neu verhandeln“, so Stephan Prokop, Sprecher der Gruppe. „Offenbar versuchen sie, die Leute zusammenzubekommen. Davor hat es einfach keine Abschiebungen gegeben.“ En Commun engagiert sich eigentlich für ein besseres Wohnrecht, kommt aber dadurch auch mit Asylwerbern wie Irakern in Kontakt.

Nach neun Jahren: Abschiebung

Am Wochenende protestierte auch die Ottakringer Straßentischtenniscommunity vor der irakischen Botschaft, wie die Bezirkszeitung berichtete. Ein Communitymitglied, der Iraker Qahtan, soll ebenfalls diese Woche abgeschoben werden. „Wir sind sehr betroffen und haben heute (Freitag, Anm.) vor dem Innenministerium demonstriert. Unser Kollege ist seit neun Jahren in Österreich und wir können uns nicht vorstellen, dass er aus unserer Mitte gerissen wird“, wird Petz Haselmayer, Mitglied von Umdi Tischtennis Wien, auf MeinBezirk.at zitiert.

Im Polizeianhaltezentrum in der Rossauer Lände geht man mit dem Faktum, dass Abschiebungen stattfinden werden, auch ganz offen um. Ein Charter-Flieger soll morgen bereits das Land in Richtung Bagdad verlassen. „Die Beamten sagen das auch so“, sagt Stephan Prokop von En Commun.

Innenministerium will nichts kommentieren

Nur offenbar will man das der Öffentlichkeit nicht mitteilen. Im Innenministerium bzw. seitens des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl hüllt man sich auf Anfrage der „Presse“ komplett in Schweigen. Weder wollte man beantworten, ob und seit wann vermehrt in den Irak abgeschoben wird oder wie viele Menschen davon betroffen sind.

Man wolle „Rückführungen im Vorfeld weder bestätigen noch dementieren“, heißt es dort sehr allgemein gehalten. Denn das würde eine Außerlandesbringung von Personen unmöglich machen. Jeder Fall werden aber umfassend und individuell geprüft.

Nur zehn abgeschobenen Iraker im Vorjahr

Sieht man sich die Statistik an, dann gab es im ganzen Jahr 2022 nur zehn abgeschobenen Iraker von 3371 Abschiebungen (ohne Dublin-Fälle gezählt). Im ersten Halbjahr 2023 gab es noch gar keine. Die Statistik führt allerdings nur die Staatsangehörigkeit der Betroffenen auf, nicht das Zielland, in das sie abgeschoben werden.

Ob der Irak als sicheres Land gilt, in das abgeschoben werden kann, ist offen. Österreich führt auf der Seite des Außenministeriums den Irak noch immer immer mit Stufe 6 an: Reisewarnung. Sie gilt auch für Länder wie Syrien und die Ukraine.

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