Serie: Gefühlssache

„Mit 14 lernte ich, dass ich hässlich bin“

Schönheitsideale erzeugen Druck. Erst recht dann, wenn niemand in der Klasse so aussieht wie man selbst.

Moshtari Hilal war zehn Jahre alt, als sie von ihrer Halbtante gefragt wurde, warum sie sich ihren Bart nicht wegmachen würde: „Du bist ein Mädchen, kein Junge. Du siehst nicht gut aus, du siehst ungepflegt aus.“ Sie war elf Jahre alt, als im Bus ein kleines Mädchen ihre Mutter fragte: „Warum hat das Mädchen da einen Bart?“ Sie war noch keine 14 Jahre alt, als auf YouTube jemand ihr Aussehen kommentierte: „Pferdefresse“. Hilal ist 29 Jahre alt, als sie ein Buch über Hässlichkeit schreibt.

Das Buch handelt vom eigenen und fremden Blick, von Hass, von großen Nasen und dichter Körperbehaarung. „Es beginnt bei mir und endet in uns allen“, schreibt Hilal im Vorspann ihres Debüts. Konkret beginnt es mit einem Schulfoto – 14 Mal ausgedruckt – das Hilal als Kind nie wieder sehen wollte. „Vierzehnmal lernte ich mit vierzehn, dass ich hässlich bin“, drückt es Hilal in einem Gedicht auf den ersten paar Seiten aus. Zwischen persönlichen Gedichten, Anekdoten und teilweise surrealen Geschichten bezieht sich die Autorin auf Diskurse in den sozialen Medien und der Wissenschaft, neben Selbstporträts und Familienfotos zeigt sie Screenshots von TikTok und Instagram. Jede Geschichte, jede wissenschaftliche Betrachtung und jede Fotografie bestätigen die allgegenwärtige Tatsache: Schönheitsideale sind eurozentrisch, rassistisch und ableistisch.

»Ich habe alles, was iranisch oder westasiatisch ist, als nicht schön angesehen. Ich habe mich als nicht schön gesehen.«

Sara Mohammadi

Frühkindliche Prägung

Das musste auch Sara Mohammadi bereits in der Volksschule erfahren. Die inzwischen 26-jährige Wienerin mit iranischen Wurzeln war das einzige nicht weiße Mädchen in ihrer Schulklasse. Für sie waren die abfälligen Kommentare zu ihrem Aussehen und ihrer Körperbehaarung die erste und offenste Form von Rassismus, die sie in ihrer Kindheit erlebt hat. Der „Presse“ erzählt sie von ihrem damaligen größten Traum: sich die Haare blond zu färben. Blonde Haare, blaue Augen, helle Haut – es war das Schönheitsideal, das sie aus dem Fernsehen und aus Zeitschriften der Nullerjahre kannte. So distanzierte sich Mohammadi lange Zeit von ihrer Herkunft: „Ich habe alles, was iranisch oder westasiatisch ist, als nicht schön gesehen. Ich habe mich als nicht schön gesehen.“

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