Urteil

Taxifahrer mit Rasierklinge attackiert: 18 Jahre Haft für 29-Jährigen

Der Mann musste sich am Wiener Straflandesgericht verantworten.
Der Mann musste sich am Wiener Straflandesgericht verantworten.(c) Leopold Nekula/VIENNAERPORT via www.imago-images.de
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Das Opfer trug eine tiefe, klaffende Schnittwunde am Nacken davon. Der Angeklagte bestritt einen Tötungsvorsatz, nahm das Urteil aber an.

Wegen versuchten Mordes an einem Taxifahrer ist am Donnerstag ein 29-Jähriger am Wiener Landesgericht zu 18 Jahren Haft verurteilt worden. Der Mann, der in der Verhandlung den Tötungsvorsatz bestritten hatte, nahm das Urteil überraschenderweise an. Da auch die Staatsanwältin auf Rechtsmittel verzichtete, ist das Urteil rechtskräftig. Der Angeklagte hatte den Taxler am 12. Juli 2023 aus nichtigem Anlass mit einem selbst gebastelten Skalpell und einer Rasierklinge attackiert.

Er fügte dem Opfer eine tiefe, klaffende Schnittwunde am Nacken sowie oberflächliche Kratzer am Hals und im Schulterbereich zu. „Der Betroffene ist nur deshalb glimpflich davon gekommen, weil er sich massiv zur Wehr gesetzt hat“, schilderte die Staatsanwältin einem Schwurgericht das Geschehen, das sich knapp vor Mitternacht auf der Simmeringer Hauptstraße abgespielt hatte. Dem Taxilenker gelang es, weitere schwunghafte Stichbewegungen des Angreifers abzuwehren und diesen schließlich zu Boden zu treten, wo er von mittlerweile eingetroffenen Polizeibeamten - Passanten hatten Hilfe alarmiert - fixiert und festgenommen wurde.

Bei Rot über die Straße gegangen

Zu der gewalttätigen Auseinandersetzung war es gekommen, nachdem der Taxifahrer den 29-Jährigen angehupt hatte, weil dieser achtlos und auf sein Handy starrend die Simmeringer Hauptstraße bei Rot überquert hatte. „Er musste abrupt abbremsen, um eine Kollision zu vermeiden“, berichtete die Staatsanwältin, die die Reaktion des Taxlers „nachvollziehbar und wohl für jedermann verständlich“ nannte. Der „Rotsünder“ sei deswegen in Rage geraten, habe mit der Faust auf die Motorhaube des Taxis gedonnert und mit dem Ellbogen den rechten Seitenspiegel abgeschlagen, worauf der Taxler aus dem Wagen stieg, um den Mann zur Rede zu stellen.

In dieser Situation entnahm der 29-Jährige seiner Hosentasche Skalpell und Rasierklinge und ging zum Angriff über - „in Panik“, wie sein Verteidiger geltend machte. Sein Mandant, ein aus Syrien stammender Geflüchteter, habe am Weg nach Europa Gewalt erfahren, deswegen zur eigenen Sicherheit Klingen eingesteckt gehabt und davon Gebrauch gemacht. „Er wollte den nicht töten“, versicherte der Verteidiger, „er hat das niemals gewollt. Er wollte seinen Gegner bedrohen und von dort wegkommen.“
Der Verteidiger verwies außerdem darauf, dass der Angeklagte bei einer Größe von 1,65 Zentimeter nur 50 Kilo wiege und dem Gegner körperlich unterlegen gewesen sei: „Er ist das, was man ein Zniachtl nennt. Er ist ängstlich, geknickt. Das Gegenteil eines Gewalttäters.“

„30 Jahre geschlagen und erniedrigt worden“

„Ich wollte ihm nur klarmachen, dass er weiterfahren soll“, meinte der Angeklagte in seiner Einvernahme. Auf die Frage der vorsitzenden Richterin, weshalb es dafür scharfe Klingen brauchte, erwiderte der Mann: „Ich habe damals auch lange Nägel gehabt. Ich hätte ihn auch damit verletzen können.“ Das Ganze sei „eine sehr schnelle, dynamische Aktion“ gewesen, die aus seiner Sicht offenbar eine gewisse Berechtigung hatte: „30 Jahre bin ich geschlagen und erniedrigt worden. Soll ich noch 30 Jahre erniedrigt und beleidigt werden?“ Die Richterin belehrte ihn daraufhin, dass er noch keine 30 sei: „1994 geboren, rechnen Sie nach!“ (APA)

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