Quergeschrieben

Was bleibt, wenn jemand geht? Zum Tod von Herbert Liaunig 

Nachruf auf den vor zehn Tagen verstorbenen Sammler und Museumsgründer. Sein Tod ist ein großer Verlust für die österreichische Kunstszene.

Er sammelte leidenschaftlich gern – auch Eierschwammerln, wie Herbert Liaunig einmal witzelte und dabei genüsslich an seiner Zigarre zog. Schon als kleiner Bub habe er Abschnitte der Zigarettenpackungen Austria 3 gesammelt, weil es für hundert Stück einen Fußball gab, dann waren Briefmarken dran, und noch während seiner Studentenzeit habe er sein erstes, teures Ölbild gekauft, das er eineinhalb Jahre abstottern musste. Mit dem wirtschaftlichen ­Erfolg wurde das Sammeln leichter, gleichzeitig die Kenntnis profunder, die Leidenschaft größer. Herbert Liaunig, Industrieller, Experte für Sanierungsfälle, Museumsgründer, hat für die zeit­genössische österreichische Kunst mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit mehr getan als alle österreichischen Bundes- und Landesmuseen zusammen. Einen repräsentativeren Einblick in das vielfältige österreichische Kunstschaffen gibt es vermutlich nirgendwo als in seinem Museum in Südkärnten. Er orientierte sich nicht an Kunstmoden und Marktdiktaten, war kein Husch-Pfusch-Käufer großer Namen. Ihn interessierte nicht nur der Mainstream, sondern auch die Peripherie, Künstlerinnen und Künstler, die vergessen, unterbewertet, übersehen wurden. Er wusste: „Viele haben nie die Wertschätzung erfahren, die sie verdient hätten. Künstlerische Qualität geht oft nicht mit materiellem Erfolg oder Bekanntheit einher.“

Gastkommentare und Beiträge von externen Autoren müssen nicht der Meinung der Redaktion entsprechen.
>>> Mehr aus der Rubrik „Quergeschrieben“

Er schöpfte Kraft aus der Kunst und aus der Natur. Solang es seine Gesundheit erlaubte, schulterte dieser kleine große Mann jedes Jahr zumindest für zwei Wochen den Rucksack und ging auf Wanderschaft, entdeckte zu Fuß entlegene Gegenden, so neugierig und offen, wie er die Kunstlandschaft erforschte. Er sammelte Kunst nicht als Wertanlage, sondern aus wirklicher Liebe zur Kunst. Bei Atelierbesuchen schaute er genau, fragte nach. Er brauchte keine Einflüsterer, Einkäufer, Berater, um Qualität zu erkennen. Sein Humor war so messerscharf und unbarmherzig, wie es mitunter auch seine Kritik sein konnte, sein Lachen so ansteckend, sein Lob so kostbar, sein Interesse an der Kunst und den Kunstschaffenden außergewöhnlich.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.