Finanzbildung

Von Haushaltskasse bis Investment

Die angespannte finanzielle Lage motiviert viele, sich fundierter mit Geld und Finanzen auseinanderzusetzen.
Die angespannte finanzielle Lage motiviert viele, sich fundierter mit Geld und Finanzen auseinanderzusetzen. Getty Images
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Immer mehr Erwachsene erkennen die Notwendigkeit, Wissenslücken rund ums liebe Geld zu stopfen. Kurse gibt es für Anfänger, Fortgeschrittene und auch speziell für Frauen.

Die hohe Inflation und die damit verbundene Teuerung, aber auch Konsumkredite führen dazu, dass immer mehr Menschen in die Schuldenfalle tappen. „Im ersten Halbjahr sind pro Monat knapp 650 neue Klienten zu uns gekommen, Tendenz steigend“, sagt Gudrun Steinmann, Leiterin Finanzbildung bei der Schuldnerberatung des Fonds Soziales Wien. Ein weiterer Grund ist aber auch mangelndes praktisches Finanzwissen. Erwachsene in Österreich zeigen erhebliche Schwachstellen in Kenntnisstand, Verhaltensweisen und Einstellungen bezüglich Finanzfragen. „Von den Personen, die Privatinsolvenz anmelden, geben fast 20 Prozent an, nicht über ausreichende Kenntnisse und Fähigkeiten in Bezug auf Geldmanagement und Budgetierung zu verfügen“, heißt es in einem Bericht zur nationalen Finanzbildungsstrategie für Österreich.

Workshops gegen Schulden

Die Schuldnerberatung steuert dem entgegen: „Wir bieten Interessierten auch unabhängig von einer Schuldnerberatung eine Budgetberatung an“, sagt Steinmann. Dabei werden Einnahmen und Ausgaben analysiert und Einsparungspotenziale erhoben. Zudem will man durch Wissensvermittlung Präventionsarbeit leisten: Mit einer modular aufgebauten Workshopreihe zu Themen wie Geldeinteilung, Ratenkauf und Konto sowie Bankschulden oder Bürgschaften werden junge Erwachsene von 18 bis 25 Jahren fit gemacht. „Werden alle drei Module – übrigens kostenlos – besucht, erhält man den Finanzführerschein advanced. Man kann sie aber auch einzeln buchen“, sagt Steinmann. Interaktion und das gemeinsame Erarbeiten von Themen werden dabei großgeschrieben. „Die Teilnehmer lernen so auch voneinander.“ Darüber hinaus bietet die Schuldnerberatung Workshops in Institutionen wie Mutter-Kind-Einrichtungen an.

Ebenfalls speziell an Frauen richtet sich die Finanzbildungs-Initiative „she invests“ von Erste Bank und Sparkassen. „In Keynotes renommierter Experten und interaktiven Workshops, die auf die Bedürfnisse von Frauen zugeschnitten sind, wird deren Finanzwissen nachhaltig gestärkt und Themen wie finanzielle Sicherheit, Vorsorge und der langfristige Vermögensaufbau mit praktischen Tipps vermittelt – unabhängig, ob Kundin oder nicht“, beschreibt Gerda Holzinger-Burgstaller, CEO der Erste Bank Österreich. Die Stärkung des eigenen Finanzwissens verbessere nicht nur den finanziellen Spielraum, sondern ermögliche ein selbstbestimmtes Finanzleben.

Diese Ansicht vertritt auch Bettina Fuhrmann, Leiterin des Instituts für Finanzbildung an der WU sowie des dort kürzlich eröffneten Zentrums für Finanzbildung: „Finanzbildung ist von entscheidender Bedeutung für die Zukunft unserer Gesellschaft.“ Im WU-Zentrum wird daher nicht nur angewandte Forschung betrieben, sondern es werden auch Angebote für deren Aufbau und Stärkung entwickelt. Aktuell etwa ein Konzept, um die Lücken im Rahmen der betrieblichen Aus- und Weiterbildung zu füllen. „Wir wollen Unternehmen maßgeschneiderte Angebote zum Thema Finanzbildung vorlegen“, sagt Fuhrmann. Flexibilität wird großgeschrieben – möglich sind sowohl einzelne Workshops als auch eine Reihe. Ebenso bei den Themen: „Wir reden über alles, was im Finanzleben von Erwachsenen gebraucht wird – von der Finanzierung über die Veranlagung bis zur Vorsorge“, so Fuhrmann.

Speziell um den Kapitalmarkt geht es hingegen bei den Seminaren der Wiener-Börse-Akademie, einer Kooperation zwischen Wifi Wien und der Wiener Börse. Mehr als 1000 Seminarteilnehmer werden bis zum Jahresende erwartet. Besonders gefragt ist das Einstiegsseminar „Das 1x1 der Wertpapiere“, das Interessierten die Aufgaben des Kapitalmarkts sowie Grundwissen zur Wertpapieranlage näherbringt. Für Fortgeschrittene sind ab 2024 etwa Seminare zu den Themen Exchange Traded Funds (ETFs) und Growth Investing sowie der Lehrgang Private Investor geplant. Außerdem wird die traditionelle Sommerakademie am Hubertussee ausgebaut und um ein speziell auf Aktien ausgerichtetes Seminar ergänzt. „Wir vermitteln das erforderliche Grundwissen und ermöglichen Interessierten, ihre Finanzen selbst in die Hand zu nehmen“, so Erwin Hof, Lehrgangsleiter der Wiener-Börse-Akademie.

Information

Geringe Finanzkompetenz kann einen durchschnittlichen Haushalt in Deutschland jedes Jahr bis zu 2690 Euro kosten, das hat eine neue Studie der Allianz-Versicherung, basierend auf der Befragung von mehr als 1000 Personen, ergeben. Über einen Zeitraum von zehn Jahren könnten sich die finanziellen Folgen geringer Finanzkompetenz sogar auf bis zu 36.663 Euro aufaddieren.

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