Israel

„Massaker, Terror“: Lokalaugenschein in einem von der Hamas überfallenen Kibbuz

Israelische Soldaten sichern den Kibbuz Kfar Aza und bergen Leichen aus den zerstörten Häusern.
Israelische Soldaten sichern den Kibbuz Kfar Aza und bergen Leichen aus den zerstörten Häusern.APA / AFP / Jack Guez
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Nur wenige Kilometer von der Grenze zum Gaza-Streifen entfernt liegen viele Kibbuze, wie die kollektiven Landwirtschaftsgemeinschaften genannt werden. In den Siedlungen töteten Hamas-Kämpfer zahlreiche Menschen. So auch in Kfar Aza.

Die Leichen israelischer Bewohner und Hamas-Kämpfer lagen auf dem Gelände des Kibbuz Kfar Aza zwischen ausgebrannten Häusern, verstreuten Möbeln und angezündeten Autos, während israelische Soldaten von Haus zu Haus gingen, um die Leichen zu bergen. Israelische Verteidigungskräfte führten die ausländische Presse am Dienstag durch den Ort, den Hamas-Kämpfer nach dem Durchbrechen der Barrieren des Gaza-Streifens rasch erreichten.

Der Gestank der Leichen hing schwer in der Luft, als Reporter über die Wege des Kibbuz gingen. „Man sieht die Babys, die Mütter, die Väter, in ihren Schlafzimmern, in ihren Schutzräumen und wie der Terrorist sie tötet.“ Es ist kein Krieg, es ist kein Schlachtfeld. „Es ist ein Massaker, es ist Terror“, zitiert die Nachrichtenagentur Reuters den israelischen Generalmajor Itai Veruv. „Es ist etwas, das ich noch nie in meinem Leben gesehen habe. Das ist etwas, wie wir uns die Situation unserer Großväter und Großmütter während des Pogroms in Europa und anderswo vorgestellt haben. Das passiert nicht in der neuen Geschichte.“

Nach und nach werden Leichen geborgen

Vor einem der kleinen Häuser des Kibbuz war der Körper eines Bewohners mit einem violetten Laken bedeckt, aus dem ein nackter Fuß herausragte. Ein Kissen und andere Gegenstände aus dem Haus lagen verstreut. Andernorts lagen die Leichen der bewaffneten Männer mit dem Gesicht nach unten auf dem Boden. Ein zerstörtes Tor am Rande des Kibbuz zeigte, wo die bewaffneten Männer eingedrungen waren.

Die Kämpfer töteten Hunderte Israelis und nahmen Dutzende Geiseln an Orten wie Kfar Aza in der Nähe von Sderot. Einige der Häuser sind bei dem Angriff fast völlig zerstört worden, die Mauern waren eingestürzt und niedergebrannt.

Die Bergung der Leichen war tagelang nicht möglich. Hamas-Kämpfer hielten die Siedlung. Das Militär musste sich durch Sprengfallen hindurcharbeiten. Ein Soldat ruft den Journalisten beim Lokalaugenschein zu: „Erzählen Sie der Welt, was Sie hier gesehen haben.“

Stundenlang in Schutzraum

„Es sah aus wie eine Mischung aus Kriegsgebiet und reiner Hölle. Überall Leichen und überall Einschusslöcher. Und die Eltern meiner Frau sind nirgends zu finden“, erzählte Avidor Schwartzman, ein Überlebender des Kibbutz, der Nachrichtenagentur Reuters in Herzliya nördlich von Tel Aviv, wo er mit seiner Frau und seineerTochter nun bei Verwandten untergekommen ist. Nachdem er eine Warn-SMS erhalten hatte, hatte sich die Familie 18 Stunden lang in einem Schutzraum versteckt. „Sie haben nicht aufgehört, auf unser Haus zu schießen. Ich hörte Leute auf Arabisch reden. Und die ganze Zeit über hörten wir Schüsse wie automatisches Feuer.“ Seine einjährige Tochter gab während dieser Zeit seinen Angaben zufolge keinen Laut von sich. Am Abend verloren sie den Telefonkontakt zu den Eltern seiner Frau, die in der Nähe wohnen. Erst als die Armee zu ihrer Rettung kam, wurde ihnen die Realität bewusst.

Ein Kibbuz ist eine Form von landwirtschaftlicher Gemeinschaft, die ursprünglich in Israel entwickelt wurde. Der Begriff „Kibbuz“ stammt aus dem Hebräischen und bedeutet „Versammlung“ oder „Gemeinschaft“. In einer Kibbuz-Siedlung teilen Mitglieder Güter, Ressourcen und Verantwortlichkeiten. Diese Gemeinschaften wurden in den frühen Jahren der zionistischen Bewegung im 20. Jahrhundert gegründet und hatten ursprünglich das Ziel, das Land zu kultivieren und eine sozialistische Lebensweise zu fördern.

Ein Militärsprecher sagte, die Zahl der Todesopfer durch die Hamas-Angriffe sei auf 900 gestiegen, hauptsächlich Zivilisten, die in ihren Häusern, auf der Straße oder auf einem Musikfestival erschossen wurden, was das Ausmaß aller früheren Angriffe von Islamisten außer dem 11. September in den Schatten stellt. Zahlreiche Israelis wurden als Geiseln nach Gaza gebracht. Laut Beamten in Gaza wurden seitdem bei israelischen Angriffen mindestens 770 Gaza-Bewohner getötet, während ganze Bezirke in Gaza dem Erdboden gleichgemacht wurden. (Reuters)

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