Kunstmarkt

Frieze feiert ihren Zwanziger

Die Galerie Ropac verkaufte „Resonance Painting (Sleep Dealer)“ von Oliver Beer an eine europäische Sammlung.
Die Galerie Ropac verkaufte „Resonance Painting (Sleep Dealer)“ von Oliver Beer an eine europäische Sammlung.Oliver Beer, Foto: Eva Herzog
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Die Frieze-Messe entstand 2003 in einer Zeit des Optimismus. Zum Jubiläum überwiegt die Vorsicht: beim Programm der Aussteller und bei den Käufern.

Vor 20 Jahren schlug die Kunstmesse Frieze zum ersten Mal ihr Zelt im Londoner Regent’s Park auf. Als die Gründer des „Frieze“-Magazins, Amanda Sharp und Matthew Slotover, das Event lancierten, hatte London trotz seiner Bedeutung auf dem Kunstmarkt keine relevante Messe für zeitgenössische Kunst. Der ungewöhnliche Veranstaltungsort wurde schnell zum Markenzeichen. „Ich erinnere mich noch, dass es anfänglich für die Menschen in London ganz überraschend war, als für diese neue Kunstmesse im Regent’s Park plötzlich ein großes Zelt aufgestellt wurde. Aber zwei Jahre später wussten bereits alle Taxifahrer, wo man genau hinmuss, und mit der Zeit begann die Messewoche den kulturellen Kalender der Stadt zu bestimmen“, sagt Galerist Thaddaeus Ropac, der an der Eröffnungsmesse teilnahm, zur „Presse am Sonntag“.

Die Messe wurde zu einem Zeitpunkt gegründet, als Londons Finanzmarkt eine Boomphase erlebte. In der Stadt herrschte Aufbruchstimmung. „Anfangs gab es eine experimentelle Atmosphäre, die mir gut gefallen hat“, erinnert sich Ropac. Über die Jahre sei alles viel routinierter geworden. Mittlerweile könne man besser einschätzen, was einen in London zur Frieze erwarten wird. „Viele Eröffnungen und Auktionen fallen mittlerweile aufgrund der Messe in diese Woche im Oktober“, so der Galerist. Rasch entwickelte sich rund um die Messe als zentralen Anziehungspunkt die Frieze Week mit Satellitenmessen, Ausstellungsprogrammen und eben auch Auktionen der Marktführer.

2012 erweiterten die Veranstalter die Messe um die Frieze Masters, die in einem zweiten Zelt auf der anderen Seite des Parks untergebracht ist. Hier findet man alles von Alten Meistern bis zur Moderne, sogar Dinosaurierskelette sind darunter. Im selben Jahr begann auch die internationale Expansion mit dem Sprung über den großen Teich und einem weiteren Zelt in New York. Dann ging es Schlag auf Schlag: 2019 folgte Los Angeles, 2022 wurde die Frieze in Seoul aus der Taufe gehoben und heuer im Sommer schluckte die Frieze auch noch die zwei wichtigsten Regionalmessen für zeitgenössische Kunst in den USA, die Armory Show in New York und die Expo Chicago.

Markt hat sich abgekühlt

Das Jubiläum fällt in eine Zeit, die verglichen mit dem Gründungsjahr nicht unterschiedlicher sein könnte: Brexit, Pandemie, Ukraine-Krise, eine weltweit schwächelnde Wirtschaft und jetzt auch noch Krieg in Israel. Das geht auch am Kunstmarkt nicht spurlos vorüber. Eine Abkühlung ist deutlich spürbar. Auf der Messe, die noch bis Sonntagabend läuft, gehen die Verkäufe langsamer über die Bühne. Was hier geboten wird, ist solide, aber auch nicht sonderlich spannend. Die Aussteller gehen auf Nummer sicher und setzen auf bewährte Namen. War bis 2022 noch ein Boom für ultrazeitgenössische Künstler zu erkennen, greifen Käufer jetzt wieder zu Etabliertem.

Ropac bietet einen Mix aus etablierter Kunst, wie Georg Baselitz, Robert Rauschenberg, Robet Longo und Tony Cragg, aber auch Martha Jungwirth. Von Letzterer verkaufte er unter anderem ein Diptychon ohne Titel aus der Serie „Francisco de Goya, Das Begräbnis der Sardine“ von 2022 um 350.000 Euro an einen chinesischen Sammler. Gut gegangen sind auch Arbeiten von Baselitz. Die neue Arbeit „Besuch in Dinard“ verkaufte sich um 1,2 Millionen Euro. Kurz vor Beginn der Messe wurde in London die Baselitz-Ausstellung in der Serpentine Gallery eröffnet. Unter den jüngeren Künstlern waren Zadie Xa, Mandy El-Sayegh, Megan Rooney, Oliver Beer und Alvaro Barrington zu sehen. So wurden vier Werke von El-Sayegh für jeweils 115.000 Dollar verkauft, und Beers „Resonance Painting (Sleep Dealer)“ ging für 50.000 Pfund an eine europäische Privatsammlung.

Krinzinger setzt auf Abramovic

Big Player Pace hat eine Skulptur von Louise Nevelson, die Teil der Frieze Sculpture im Regent’s Park ist, um zwei Millionen Dollar verkauft. Aus Wien ist die Galerie Ursula Krinzinger dabei, die ebenfalls von Beginn an ausgestellt hat. Sie setzt heuer auf eine Solopräsentation der Performancekünstlerin Marina Abramović. Croy Nielsen bieten einen Mix aus Elke Krystufek, dem Japaner Soshiro Matsubara und der Kongolesin Sandra Mujinga, die Teil der Ausstellung „Milk of Dreams“ bei der 59. Biennale von Venedig war.

Zwei junge Wiener Galeristinnen haben es in die Focus-Sektion geschafft. Sophie Tappeiner zeigt die stark in der Fotografie verankerte Sophie Thun, Gianni Manhattan setzt auf den in England geborenen Laurence Sturla mit seinen Keramikskulpturen.

Auf der Frieze Masters dominiert immer mehr die Kunst der Nachkriegszeit. Bei den Alten Meistern gehört ein Rembrandt mit 28 Millionen Euro bei der Züricher Galerie Koetser zu den teuersten Werken der Messe. Konkurrenz macht ihm das Dinosaurierbaby Chomper, ein gut erhaltenes Exemplar eines jungen Tyrannosaurus Rex. Es ist der Blickfang am Stand von Salomon Aaron, der dafür 20 Millionen Dollar angesetzt hat.

Frauen im Fokus. Neu ist die kuratierte Sektion „Modern Women“, die sich historisch übersehenen Künstlerinnen, die zwischen 1880 und 1980 gearbeitet haben, widmet. Hier finden sich Wiederentdeckungen wie die französische fauvistische Malerin Emilie Charmy, die Teil einer aktuellen Ausstellung über den Fauvismus im Kunstmuseum Basel ist, aber auch Künstlerinnen wie Raith Ringgold und Tarsila Do Amarai, die zuletzt mehr Beachtung fanden. Spannend ist die von Oscar Murillo kuratierte Schau mit Werken seines einstigen Mäzens Franz West bei Gagosian.

Bleibt die Frage, was die nächsten 20 Jahre für die Frieze und London als Kunstmetropole bringen. „London ist aus mehreren Gründen ein wichtiges Kunstzentrum. Die Stadt beheimatet einige der weltweit wichtigsten Museen und Institutionen, eine unglaubliche Anzahl an Künstlerinnen und Künstlern lebt und arbeitet hier. Es leben auch viele bedeutende Sammler hier. London hat enorme Relevanz für den internationalen Auktionsmarkt – und die Frieze ist als wichtigste Messe der Stadt auch einer dieser Faktoren. Daran wird sich auch durch den Brexit nichts ändern“, ist Ropac überzeugt.

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