Gestaltungsstudio

Möbeldesign und die Poesie des Tautropfens

Seit 2011 entwerfen Florian Kallus (links) und Sebastian Schneider gemeinsam als Studio Kaschkasch in Köln. 
Seit 2011 entwerfen Florian Kallus (links) und Sebastian Schneider gemeinsam als Studio Kaschkasch in Köln. 
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Das Designstudio Kaschkasch aus Köln träufelt ein wenig Emotion in den Alltag. In Form von Tautropfen genauso wie entlang von rechten Winkeln.  

Design ist Alltag. Und dafür muss man nicht jeden Tag als Gestalter ins eigene Designstudio gehen, wie etwa Florian Kallus und Sebastian Schneider. Man lebt ja ohnehin zwischen den Dingen und mit den Dingen. Und deshalb auch zwangsläufig zwischen Design und mit Design. Auch wenn nur wenige Objekte explizit als „Design“ etikettiert werden. Vor allem dann, wenn Hersteller ihre Schneidbretter und die Kaffeetassen ein wenig teurer verkaufen wollen. Manche Alltagsgegenstände wirken trotzdem heute noch wie blinde Flecken der Gestaltung. Florian Kallus und Sebastian Schneider, gemeinsam sind sie das Studio Kaschkasch in Köln, haben dennoch Augen dafür. Für Objekte, die man manchmal nur einmal in der Woche in die Hand nimmt. Und mit denen man sich in Wohnzeitschriften kaum profilieren kann: Gießkannen zum Beispiel. „Acqua“ heißt sie, entworfen hat sie Kaschkasch für Ligne Roset. Eine gestalterische Wertschätzung einer vermeintlichen Nebensächlichkeit, doch diese Nischen des Alltags verdienen genauso Aufmerksamkeit, davon sind Kallus und Schneider überzeugt. „Die Be­­reiche, die einem tagtäglich begegnen, halten wir für besonders spannend“, sagt Kallus. Denn einem ausgeklügelten Sofa aus dem Design-Premiumsegment läuft man nicht so oft über den Weg. Es sei denn, man hat selbst eines zu Hause stehen. „Es ist noch immer ein sehr befriedigendes Gefühl, wenn man den eigenen Produkten etwa in einem Restaurant plötzlich begegnet“, sagt Schneider. Oder in der Küche. Denn auch mit mit dem Genre „Griff“ haben sie sich intensiv auseinandergesetzt. Und so einige Küchenmodelle sind mit ihren Entwürfen schon bestückt.

Gemeinsamer Karriereweg

Ihr Portfolio hat sich in den letzten zwölf Jahren trotzdem vor allem mit Möbeln gefüllt. Noch dazu sitzt Kaschkasch in einer Stadt, die sich einer internationalen Möbelmesse rühmt, selbst wenn sie zuletzt in der Post-Corona-Ära zum Miniformat geschrumpft ist: die IMM ­Cologne. Doch die beiden Gestalter glauben, dass sie ihre ehemalige Bedeutung am angestammten Platz im Jahreskreis, im Jänner, wieder hochfahren wird. Denn Messen bleiben trotzdem die Leistungsschau der Branche. Und die Taktgeber. „Wir haben aber gemerkt, dass dieser gewohnte Jahresrhythmus der Neuheiten nicht mehr ganz so wichtig ist“, erzählt Florian Kallus. Für Kaschkasch selbst war eine andere Möbelmesse, die größte der Welt, trotzdem der Kickstarter der Karriere: der Salone Satellite, quasi die Talenteschau des Salone del Mobile in Mailand. Dort stellten sie ihre frühen Entwürfe aus. Die Folge: die ersten Kooperationen und Kontakte. Inzwischen spannt sich ihr Portfolio quer durch so einige Möbeltypologien und quer durch den Möbelmarkt. „Manchmal waren es Zufälle, die uns von einem Hersteller zum anderen geführt haben, manchmal haben wir es auch ­konsequent betrieben“, erzählt Schneider. Und dabei auch eines gelernt, was manche Designer und Designerinnen vor lauter Verliebtheit in die eigenen Ideen gar nicht mehr so gut können: dem Auftraggeber zuhören. „Es ist für uns immer wichtig, dass es eine gemeinsame Entwicklung ist. Und wer kennt schon die Kunden besser als der Hersteller selbst?“, meint Kallus.

Ein Klappstuhl für den Hersteller Karl Andersson: „Colo“ samt konstruktiver Innovation. 
Ein Klappstuhl für den Hersteller Karl Andersson: „Colo“ samt konstruktiver Innovation. 

Poetischer Ansatz

Jedenfalls: „Spaziergang war es keiner“, resümiert Schneider die letzten zwölf Jahre. Einige Spiegel, Sofas, Betten und Stühle später flüstert den Designern das Gefühl im Bauch heute früh, welche Projekte erfolgreich werden könnten. Schon in der Kommunikation mit allen Beteiligten zeichnet es sich ab. Und wenn die Chemie nicht stimmt, dann sparen sich Kallus und Schneider lieber die Lebenszeit und sagen auf die Anfrage „Nein, danke“. Aber wenn es um Projekte geht wie jenes gemeinsam mit dem Hersteller Villeroy & Boch, investieren sie umso lieber Zeit. Mit „Inspired by nature“ war das Briefing für die Kollektion „Antao“ überschrieben. Und Kaschkasch ließ sich mit der Makrolinse darauf ein: „Wir haben stundenlang Tautropfen studiert, fotografiert und ihre Formen analysiert“, berichtet Kallus. Und dabei floß ganz beiläufig etwas ein, auf die Badezimmerkollektion, die aus Wasch­becken, Badewanne und Möbel besteht: nämlich Poesie. Aber die träufelt Kaschkasch ohnedies so nebenbei auf die Dinge des Alltags. Auch wenn die beiden Designer den Entwurf, wie üblich, ein wenig rechtwinkeliger anlegen. Denn auch die Schlichtheit kann das, was der gestalterische Schnörkel vermag: „Gefühle auslösen. Und das gehört ja zu den Grundanforderungen an den Entwurf“, sind Kallus und Schneider überzeugt. 

„Frame“, ein Kleiderständer mit vielen Gesichtern.
„Frame“, ein Kleiderständer mit vielen Gesichtern.

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