Landtagswahl

Kommt es zu einem Absturz der SVP in Südtirol?

Landeshauptmann Arno Kompatscher beim Wahlkampfauftakt der Südtiroler Volkspartei (SVP) in Völs.
Landeshauptmann Arno Kompatscher beim Wahlkampfauftakt der Südtiroler Volkspartei (SVP) in Völs.APA / Wolfgang Eder
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Am Sonntag finden in Südtirol Landtagswahlen statt. Die SVP dürfte weiter an Stimmen verlieren - und an ihrer Vormachtstellung.

Der Wahlkampf für die Landtagswahl am Sonntag versank zwar nicht im Schlaf, doch die großen Aufreger blieben aus. Am Sonntagabend, nach Wahlschluss, könnte es jedoch mit der Ruhe vorbei sein . Kommt es zu einem massiven Absturz der Südtiroler Volkspartei (SVP) und beginnt eine neue Ära? Stürzt LH Arno Kompatscher?

„Geschlossenheit“, „Stabilität“, klare Mehrheitsverhältnisse, starker alleiniger Vertretungsanspruch der Minderheit gegenüber Rom, gleichzeitig eindringliche Warnung von „Instabilität“ und „Zersplitterung“ angesichts von 16 antretenden Listen: Landauf landab trommelte die SVP im Wahlkampf ihr Mantra, das jahrzehntelang noch immer „gezogen“ hatte - meistens mehr, manchmal weniger. Auf die einfache, nie so direkt ausgesprochene, Formel gebracht: Nur wenn es der ‚Sammelpartei‘ gut geht, geht es auch dem Land gut. Südtirols Erfolg steht und fällt mit der SVP. Dies war die Stoßrichtung von Kompatscher und den Seinen, die angereichert wurde mit dem ständigen Hinweis: Es gibt Probleme, ja, aber Südtirol ist eine Modellregion in Europa, die ringsum von allen beneidet wird.

Abrechnung mit dem System

Diese Machtfrage stand im Zentrum der Wahlauseinandersetzung, die ansonsten auch Themen wie Sicherheit wegen steigender Kriminalität (auch in Verbindung mit Migration), Gesundheit und leistbares Wohnen beinhaltete. Und diesmal gar nicht so sehr die Autonomie. In der Wahlbewegung agierte die SVP geschlossen, von Spitzenkandidat Kompatscher, Parteiobmann Philipp Achammer abwärts. Alles andere wäre angesichts der prekären Lage auch politischer Selbstmord gewesen. Doch die Klötze an den Beinen blieben: Die europaweit grassierende Unzufriedenheit, das Abrechnen mit „System“ und Regierenden. Hinzu das „Hausgemachte“: Die parteiinternen Querelen und Affären der vergangenen Jahre, die im Antreten der Liste von Ex-SVP-Urgestein Thomas Widmann gipfelten.

Hinzu kommt eine in großen Teilen Kompatscher-kritische Medienlandschaft. Zuletzt sprach der Landeschef in einem Interview mit der „Neuen Südtiroler Tageszeitung“ gar davon, dass es eine „starke Medienmacht“ gebe, die seit Jahren „daran interessiert ist, einen Machtwechsel herbeizuführen“. Und vor allem fürchtet man in der SVP: Dass viele Wähler trotz eigentlich hoher Sympathiewerte Kompatschers der Partei die Stimme versagen und zu Hause bleiben.

„Deutliche Stimmenverluste“ für die SVP

41,9 Prozent und 15 Mandate fuhr die SVP 2018 ein. Kommt es nun zu einem Absturz ins „Bodenlose“ oder nur einem kleineren bis mittleren „Faller“. Muss Kompatscher, der zum letzten Mal antritt, bei unter 35 Prozent zurücktreten? 35 Prozent (laut Umfrage in der Tageszeitung „Dolomiten“) oder weniger wurden zuletzt prognostiziert. Kompatscher selbst baute im APA-Interview vor und meinte, „deutliche Stimmenverluste“ seien realistisch. Wohl auch aus Mobilisierungsgründen und um die Latte möglichst tief anzusetzen.

Der Landeshauptmann verwies zuletzt, was seine politische Bewertung betreffen wird, nicht nur auf das Wahlergebnis, sondern auch auf die Möglichkeit, eine „vernünftige Regierung“ auf die Beine zu stellen. Eine solche sah er vor allem ab dem Erreichen von 14 SVP-Mandaten gegeben.

Dreierkoalition in Bozen?

Ebendiese Regierungsbildung dürfte zumindest gleich spannend werden wie die Wahl selbst. Wird die SVP auf eine Dreierkoalition angewiesen sein, gar unter Einschluss einer weiteren deutschsprachigen Partei. Letzteres wäre doch eine kleine Demütigung für die stolze Partei, die vor nicht allzu langer Zeit noch mit absoluter Mandatsmehrheit regierte. Durchaus möglich, dass Kompatscher nicht nur mit der Lega wie bisher regiert, sondern auch, wenn nötig, die rechtsgerichtete „Fratelli d“Italia„ von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni hereinnimmt. Letzterer wird das beste Ergebnis der italienischsprachigen Parteien prognostiziert. Als möglicher deutschsprachiger Partner wurden zuletzt medial mitunter die Südtiroler Freiheitlichen genannt. Widmann dürfte es wohl nicht werden - und wenn nur ohne Kompatscher.

Die Bäume der mit vielen Listen antretenden deutschsprachigen Opposition werden wohl nicht in größerer Zahl in den zweistelligen Prozent-Himmel wachsen. Ob sich etwa das Team K, mit 15,2 Prozent der Überraschungssieger der letzten Wahl, sich auf diesem Niveau halten kann, ist mehr als fraglich. Neue Gruppierungen wie Widmann oder „JWA“ des umstrittenen Coronamaßnahmen-Kritikers und Ex-Schützenkommandanten Jürgen Wirth Anderlan, der zuletzt ein Lob-Video von FPÖ-Chef Herbert Kickl erhielt, bleiben große Unbekannte.

Österreichische Wahlkampfhilfe bzw. Auftritte von heimischen Spitzenpolitikern blieben indes - im Gegensatz zu früher - diesmal fast komplett aus. Mit Ausnahme von Tirols Landeshauptmann Anton Mattle (ÖVP) beim SVP-Wahlkampfauftakt und der Tiroler FPÖ-Landtagsabgeordneten Gudrun Kofler bei einer Pressekonferenz der Süd-Tiroler Freiheit.

Salvini auf Wahlkampftour

Rom war in der autonomen Provinz naturgemäß stark vertreten. So tourte etwa Lega-Chef und Vizepremier Matteo Salvini mit starken Sprüchen durch die Lande - einem medial viel beachteten Transit-Besuch am Brenner inklusive. Wenig später beschloss Italien dann die EuGH-Klage gegen Österreich. Dagegen stellte sich wiederum Kompatscher. Schließlich herrscht auch in der Südtiroler Bevölkerung Unmut über den überbordenden Transitverkehr auf der Brennerstrecke. (APA)

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