Archäologie

Wir haben Hunde gegessen

Hunde waren in der Bronzezeit richtig groß: Das belegen Bissspuren an Schweineknochen (hier im Maul).
Hunde waren in der Bronzezeit richtig groß: Das belegen Bissspuren an Schweineknochen (hier im Maul).NHM/Saliari
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Von der Jungsteinzeit bis ins Mittelalter wurde die „Kynophagie“, das Essen von Hundefleisch, in unserer Region regelmäßig praktiziert. Auch als Arbeitstiere im Bergbau waren großwüchsige Hunde im Einsatz.

Für die Römer war es ein No-Go, Hunde zu essen. Nur in der Zeit von 15 v. Chr. bis ca. 500 n. Chr., als die Römer im Gebiet des heutigen Österreichs regierten, wurden hierzulande weniger Hunde verspeist als davor und danach.

„Heute ist es ein Tabu, diese Tiere zu essen, aber das war nicht immer so“, erzählt Konstantina Saliari vom Naturhistorischen Museum (NHM) in Wien. Ihre archäozoologischen Studien ergaben, dass die Menschen bereits in der Jungsteinzeit (ab 5500 v. Chr.), auch in der Bronze- und Eisenzeit sowie nach den Römern in der Völkerwanderungszeit bis ins Mittelalter das Fleisch, die Haut und das Fell von Hunden nutzten. Und das nicht nur in Krisenzeiten, wenn es wenig Nahrung gab, sondern regelmäßig – und auch in Gesellschaften, die nicht darauf angewiesen waren.

Hunde wie Schweine gehalten

„Der Anteil der Hunde ist im Vergleich zu Rind, Schaf, Ziege und Schwein in der Landwirtschaft zwar gering, selten über fünf Prozent. Aber wir finden Hinweise, dass es auch Haltung zum Fleischverzehr gegeben hat, sehr ähnlich zu der Schweinehaltung“, berichtet Saliari. Das zeigen z. B. Analysen von Zähnen und Knochen der Hunde in einem keltischen Bauernhof von Göttlesbrunn in Niederösterreich: Die Tiere waren im allerbesten Schlachtalter, jung und kräftig. „Interessant ist, dass bei vielen Arten mit der Domestikation die Tiere eher kleiner werden. Bei Hunden ist das nicht so: Die wurden auch größer“, sagt Saliari.

„Obwohl in der eisenzeitlichen Zentralsiedlung Roseldorf in Niederösterreich mittelgroße Hunde überwogen, fanden wir auch Hinweise auf besonders kleinwüchsige Hunde. Sie wurden wohl als Schoßtiere gehalten, vielleicht als Statussymbol. Dieses Verhalten wurde mit den Römern beliebter, die auch die Katzen als Haustiere bei uns einführten.“ Auch in Roseldorf lassen aber Zerlegungsspuren auf den Verzehr von Hunden schließen.

Wenig Hinweise auf Rituale

„Hundeknochen mit Zerlegungsspuren wurden sogar in einem rituellen, kultischen Kontext in der Schachthöhle Durezza in Kärnten gefunden. Trotzdem ist der Anteil der Hunde bei rituellen Aktivitäten in unserem Gebiet gering“, sagt Saliari, die 2012 nach dem Archäologiestudium in Athen, Griechenland, für ihre Dissertation nach Wien gekommen ist. In Italien (Eisenzeit, Römerzeit) und Polen (Eisenzeit) gab es z. B. Hundebestattungen und Rituale mit Hundehäutungen. Wie sich nach der Römer­zeit (in der Völkerwanderung ab etwa 500 n. Chr.) die Kynophagie wieder in unserer Region ausgebreitet hat, ist nicht klar. „Entweder verbreiteten sich die eisenzeitlichen Traditionen erneut, oder die Germanen und andere Völker brachten das Verhalten mit“, sagt Saliari. Jedenfalls galt: nichts verschwenden. „Wir sehen, dass Haut, Fell, Fleisch und auch das Gehirn verwendet wurden. Aber diese Kreislaufwirtschaft, bei der nichts weggeworfen wird, ist in der Landwirtschaft sowieso wichtig.“

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