Junge Forschung

Die Waffen der Pflanzen

Mit „spannenden Forschungsprojekten und wunderschönen Wäldern“ findet Muhammad Ahmad in Österreich optimale Bedingungen.
Mit „spannenden Forschungsprojekten und wunderschönen Wäldern“ findet Muhammad Ahmad in Österreich optimale Bedingungen.Caio Kauffmann
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Muhammad Ahmad erforscht am Bundesforschungszentrum für Wald, wie das chemische Arsenal von Pflanzen sie vor Dürrestress schützt – und so fit gegen den Klimawandel macht.

Pflanzen sind sessile, also sesshafte Lebewesen. Da sie vor unwirtlichen Bedingungen nicht weglaufen können, müssen sie zu anderen Methoden greifen, um sich zu schützen. Sie haben im Lauf der Evolution ein beträchtliches Arsenal an chemischen Verbindungen entwickelt, um Schädlinge abzuwehren und sich an ihre Umwelt anzupassen. Die sekundären Stoffwechselprodukte werden zielgenau nur dann produziert, wenn sie gebraucht werden. Dieses chemische Abwehrsystem erforscht Muhammad Ahmad aktuell am Bundesforschungszentrum für Wald in Wien und Tulln. Er versucht zu verstehen, welche chemischen Verbindungen heimischen Bäumen dabei helfen, Dürren besser zu überleben.

Von Pakistan nach Österreich

„Ich fand es immer schon extrem spannend, wie sich Pflanzen an ihre Umwelt anpassen können“, so Muhammad Ahmad, der sich auf den vielen internationalen Stationen seiner Ausbildung oft auch selbst anpassen musste. Die vielfältige chemische Sprache der Pflanzen lernte Ahmad erstmals bei seinem Landwirtschaftsstudium in Pakistan kennen. Anschließend studierte er in Göttingen und Dresden sowie Kopenhagen und Südafrika, wo er gleich zwei Master absolvierte. Für seine Abschlussarbeit untersuchte er, wie sich Pflanzen mit chemischen Verbindungen gegen Pilzinfektionen wehren. Ans Austrian Institute of Technology (AIT) kam er schließlich, um in einem europäischen Forschungsprojekt herauszufinden, wie Pflanzen die Produktion nützlicher sekundärer Verbindungen gezielt regulieren können.

Pflanzen-Metabolite werden seit Jahrhunderten vom Menschen genutzt und seit über 150 Jahren wissenschaftlich erforscht. Sie sind der Ursprung einiger der meistbekannten medizinischen Wirkstoffe: Aspirin ist eine chemisch nur leicht veränderte Verbindung aus der Weidenrinde Salix alba. Aber auch Opiate und Cannabis gehören zum chemischen Abwehrarsenal der Mohn- bzw. Hanfpflanze. Ein genaues Verständnis der Produktion und Regulierung dieser Stoffe in Pflanzen kann von großem Nutzen sein. Im Rahmen seiner Doktorarbeit in der Forschungsgruppe um Eva Maria Molin untersuchte Ahmad am AIT die genetische Variation von Raublattgewächsen. Diese produzieren sogenannte Alkannine, die stark anti­oxidativ wirken. Sie schützen Zellen vor Schäden durch reaktiven Sauerstoff und haben potenziell großen Nutzen in der Wundheilung und gegen Entzündungsreaktionen.

Nach Abschluss dieser Arbeit widmet sich Muhammad Ahmad nun einem weiteren großen Thema der Pflanzenforschung: dem Klimawandel. Es ist abzusehen, dass heimische Pflanzen sich in naher Zukunft einem stark veränderten Klima anpassen müssen. Ihr chemisches Arsenal kann dabei hilfreich sein und sie z. B. gegen Trockenheit schützen. Das wird Ahmad die kommenden Jahre am Bundesforschungszentrum für Wald untersuchen, gefördert durch das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft. Der wichtigste Baum der österreichischen Forstwirtschaft, die Fichte, wird dabei genau unter die Lupe genommen.

Klimafitte Bäume

„Fichten wachsen schon heute in unterschiedlichen Klimazonen: Wir wollen herausfinden, ob es einen chemischen Fingerabdruck gibt, der sie resistent gegen Trockenheit macht und fit für eventuelle lange Dürren in der Zukunft“, erklärt Ahmad. Eine Vielfalt von Fichtensamen wurde in Zentral- und Südeuropa gesammelt und in Kollaboration mit dem Phenoplant-Institut am Vienna Biocenter im Labor zum Wachsen gebracht. Dabei wurden die Pflanzen unterschiedlich trockenen Bedingungen ausgesetzt, ihr Wachstum beobachtet und dann ihre chemische Zusammensetzung untersucht.

»Ich fand es immer schon extrem spannend, wie sich Pflanzen an ihre Umwelt anpassen können.«

Am Ende steht hoffentlich ein chemischer Marker, der voraussagt, ob eine Fichte eine Trockenperiode überleben kann. Und weitere Forschungsprojekte, hofft Ahmad: „Ich habe schon an vielen Orten geforscht, aber in Österreich möchte ich gern bleiben. Die Bedingungen sind optimal: spannende Projekte und wunderschöne Wälder.“

Zur Person

Muhammad Ahmad (34) erforscht chemische Marker für Dürreresistenz in Fichten. Geboren in Pakistan, studierte er in Deutschland, Dänemark und Südafrika, bis ihn ein Stipendium im Rahmen eines Marie-Curie-Netzwerks der EU ans Austrian Institute of Technology brachte. Seit 2022 forscht er im Bundesforschungszentrum für Wald.

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